Impfungen: Wann und warum Österreich in der EU zurückfällt
Gestern, Mittwoch, ist die Marke von zwei Millionen nach Österreich gelieferten Impfdosen überschritten worden (Biontech/Pfizer: 1.226.745 , Astra Zeneca: 607.200 AstraZeneca, Moderna: 196.800)
Knapp über 1.6 Millionen Dosen wurden hierzulande bereits verimpt (Stand Dienstag laut Impf-Dashboard). Damit zählt Österreich in der EU-weiten Impfstatistik derzeit zum Spitzenfeld. 17,42 pro 100 Menschen in Österreich haben ihr Jauckerl bekommen, der EU-Schnitt liegt bei 16,23.
Dass Österreich derzeit so gut unterwegs ist, wird in EU-Kreisen auch mitunter als Grund angeführt, warum es beim, von Kanzler Sebastian Kurz angeregten, Korrekturmechanismus nach derzeitigem Stand der Verhandlungen nicht mehr Impfstoff bekommen werde. Es könnte sogar weniger werden, als ursprünglich angenommen.
Zur Erinnerung: Bei einer gemeinsamen Dienstreise mit der dänischen Premierministerin Mette Frederiksen nach Israel bekam der Kanzler Wind davon, dass nicht alle Länder Impfstoffe streng nach dem Bevölkerungsschlüssel geliefert bekommen: Tschechien, Bulgarien oder etwa Lettland. Diese Länder setzten freiwillig aus Kostengründen vermehrt auf Astra Zeneca und warfen die ihnen zuständigen Kontingente anderer Impfhersteller in einen Topf - Kurz nannte es "Basar" - und Dänemark, Malta und andere griffen beherzt zu.
Nun wird über eine gerechtere Verteilung diskutiert - vorerst noch ohne Ergebnis. Hintergrund: Biontech/Pfizer kann 100 Millionen weitere Dosen liefern - zehn Millionen Dosen davon schon recht bald, noch im zweiten Quartal. Drei Millionen aus dieser Lieferung sollen herangezogen werden, die Impf-Schieflage durch die mehr als schleppende Belieferung mit Astra Zeneca geradezurücken.
Wer auf den Impfstoff von Astra Zeneca gesetzt hat, ist besonders von den Lieferschwierigkeiten dieses Herstellers betroffen. Deutschland, die Niederlande, Dänemark und Schweden lehnen größere Korrekturen ab.
Kurz hatte vollmundig bis zu 400.000 Dosen im Rahmen der zehn Millionen angekündigt. Nicht einmal die Hälfte dessen dürfte es werden. Nach dem derzeit vorliegenden Solidaritäts-Mechanismus würden die vom Bevölkerungsschlüssel abweichenden Extra-Dosen nur an Bulgarien (1.151.889), Kroatien (684.009), Tschechien (142.940), Estland (41.553), Lettland (376.689) und die Slowakei (602.921) gehen.
In Summe macht dies drei Millionen Dosen aus, die restlichen sieben Millionen würden nach dem Bevölkerungsschlüssel verteilt, auf Österreich entfielen 139.170 Dosen.
Österreich, Tschechien und Slowenien stemmen sich gegen den aktuellen EU-Vorschlag und fordern, dass mehr als drei Millionen Dosen zur Umverteilung herangezogen werden sollten. Ein EU-Diplomat meinte heute dazu: "Es ist schon paradox und ein wenig traurig: Jetzt hat Kanzler Kurz genau den Basar geschaffen, vor dem er ursprünglich gewarnt hat."
Prognose: Österreich fällt zurück
Als Grundlage für die Verhandlungen in der EU dient ein internes Dokument und das birgt keine guten Nachrichten. Österreich dürfte gegen Ende des zweiten Quartals innerhalb der EU beim Impffortschritt zurückfallen. Demnach würden in Österreich Ende Juni 50,92 Prozent der Bevölkerung gegen Corona geimpft sein. 21 EU-Staaten hätten dann in Sachen Impffortschritt die Nase vorn.
Grund für den Rückstand: Österreich hat sein Kontingent des Impfstoffs von Johnson & Johnson, das ab Mitte April geliefert werden soll, nicht ausgeschöpft. Hinzu kommen die bekannten Lieferschwierigkeiten bei Astra Zeneca.
Nur fünf Länder hätten hingegen gegen Ende des zweiten Quartals einen kleineren Anteil ihrer Bevölkerung durchgeimpft, nämlich Bulgarien (45,01 Prozent), Kroatien (45,29 Prozent), Tschechien (44,33 Prozent), Estland (50,27 Prozent) und die Slowakei (45,59 Prozent). Zum Teil weit über der Hälfte der Bevölkerung liegen dagegen die anderen EU-Staaten nach dieser Berechnung mit dem Spitzenreiter Malta (93,10 Prozent), gefolgt von Dänemark (79,88 Prozent), den Niederlanden (64,59 Prozent), Zypern (62,47 Prozent), Deutschland (61,04 Prozent) und Schweden (60,75 Prozent).
Die EU-Botschafter beraten am heutigen Donnerstag weiter über die Verteilung. Einige EU-Staaten forderten am Mittwoch mehr Solidarität. Bis 17. Mai soll die Verteilungsfrage gelöst werden.
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