Stellen wir uns einmal vor, der für den Arbeitsmarkt zuständige Minister Martin Kocher hätte diese zwei Sätze gesagt: „Es gibt einen Haufen von Leuten, die in Österreich geboren sind und den Hintern nicht hochbekommen.“ Sowie: „Jeder Wirtschaftsbetrieb erzählt mir, die Arbeitslosen kommen nur den Stempel holen.“ Den Shitstorm der Babler-SPÖ, die das Armutsthema wie eine Monstranz im Wahlkampf vor sich herträgt, möchte man sich nicht vorstellen.
So aber war es Wiens hemdsärmeliger SPÖ-Sozialstadtrat Peter Hacker, der kürzlich in der Krone eher derb ein Problem ansprach, das seine Partei sonst gerne leugnet. Manch Genossen wird da wohl die Luft weggeblieben sein.
Dennoch ist Hacker viel mehr Politiker als der ÖVP-Mann Kocher, der bei jedem Gegenwind einknickte und in der Nationalbank als feiner, aber eher konfliktscheuer Herr aus der Wissenschaft deutlich besser aufgehoben sein wird. Er hat viel Richtiges angesprochen, aber wenig umsetzen können.
Man erinnere sich nur an seinen Sager: „Wenn alle Frauen, die Teilzeit beschäftigt sind, nur ein paar Stunden mehr arbeiten würden, hätten wir kein Arbeitskräfteproblem mehr.“ Im folgenden Aufruhr wurde er als Sexist gebrandmarkt und ruderte ängstlich zurück. Gescheitert am Widerstand der Grünen ist auch sein Vorschlag für eine dringend notwendige Reform der Bildungskarenz, die hauptsächlich von gut Gebildeten benutzt und häufig nur als Verlängerung der Babykarenz zweckentfremdet wird, wie auch der Rechnungshof kritisiert. „Leider sind die Grünen nicht bereit, diesen Vorschlag, den auch die Sozialpartner mitgetragen hätten, umzusetzen“, lautete am 27. Mai die lapidare Erklärung aus dem Arbeits- und Wirtschaftsministerium.
Noch wichtiger wäre Kocher ein degressives Arbeitslosengeld gewesen: also mehr Geld zu Beginn, später weniger, um Langzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden. Gute Idee, krachend abgeprallt am Koalitionspartner. Gleich gar nicht anzufassen getraut hat sich Kocher – obwohl politisch dafür eindeutig zuständig – die Gegengeschäfte bei der momentan auf Hochtouren laufenden Aufrüstung des Bundesheeres. Dieses Pflaster war ihm zu heiß – doch dem Wirtschaftsstandort entgehen damit Milliarden.
Kocher fehlte alles, was einen guten Politiker ausmachen sollte: Mut zu Unpopulärem, Beharrlichkeit und vor allem Rückhalt in der eigenen Partei. Die Grünen, die Kocher so oft abblitzen ließen, flechten ihm nun Abschiedslorbeerkränze. So bezeichnete ihn Sozialminister Johannes Rauch vergangene Woche in der ZiB2 als „wirklich gut qualifiziert“ für die Nationalbank. Ja eh, das ist er. Besser wäre es gewesen, hätte der Fachmann Kocher seine vernünftigen (und notwendigen) Reformvorhaben auch umsetzen dürfen und können.
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