Die Macht der Mullahs
Wolfgang Unterhuber
09.02.24, 17:00Seit 45 Jahren ist der Iran eine islamische Theokratie. Seit 45 Jahren will das Regime in Teheran Israel vernichten, die Nahost-Region mit aller Macht (wie der Unterstützung von Terroristen) destabilisieren und so den Weg für weitere islamische Revolutionen ebnen.
Der Westen wiederum versucht das seit 45 Jahren mit Sanktionen, internationaler Ächtung, politischen Schachzügen und einzelnen militärischen Aktionen zu verhindern.
Das Regime in Teheran zählt zu den brutalsten der Welt. Die ständigen Massenproteste suggerieren, dass das Regime vor dem Sturz steht. Doch dafür fehlt es an einer schlagkräftigen Opposition (die es auch im Ausland nicht gibt) und an entsprechenden Führungspersönlichkeiten. Fazit: Die Mullahs können vielleicht nicht gut schlafen, aber sie sitzen fest im Sattel.
Das hat neben dem Fehlen einer Opposition viele andere Gründe. Wer ins pseudodemokratische Parlament gewählt werden will, muss vor einem zwölfköpfigen ultrakonservativen Wächterrat bestehen. „Liberale“ Politiker sind also Zufälle und nicht gewollt. Armee und Polizei sind loyal und unter Kontrolle, weil durchsetzt mit Spionen. Dann sind da noch die Revolutionsgarden.
Die sind nicht nur eine paramilitärische Einheit, sondern auch ein gewaltiger Wirtschaftsfaktor. Der Brite Tim Marshall, einer der weltweit führenden Auslandsexperten, hat in seinen Iran-Analysen festgehalten, dass die Garde auf diese Weise gut dotierte Jobs schaffe. Und zwar gezielt für junge Menschen, die dann nicht auf die Straße gehen, sondern Teil des Systems werden. Ein Punkt, so Marshall, der im Westen nicht gesehen werde.
Dazu kommt, dass der Iran trotz der Sanktionen außenpolitisch alles andere als isoliert ist. Russland und China pflegen gute Beziehungen zu Teheran. China will das Land sogar in die Gemeinschaft der BRICS-Länder aufnehmen, jener Vereinigung von Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika), die ein Gegengewicht zu den USA und zur EU bilden wollen.
Grund: Der Iran beherbergt die zweitgrößten Gasvorkommen der Welt sowie ein Viertel der Ölvorkommen im Nahen Osten. Ökonomen erwarten nach Jahren der Krise für heuer ein Wachstum von drei Prozent. Dank der Ölexporte, wie das Marktforschungsunternehmen Kpler schreibt. Denn Teheran umgeht geschickt die Sanktionen.
Der Westen, speziell die EU, sollte sich daher von der Idee verabschieden, dass das Erheben des moralischen Zeigefingers ausreicht, um die Mullahs zu beeindrucken. Mit solchen Regimen kann es auch keine Appeasement-Politik geben.
Ein Atomabkommen würde der Iran genauso umgehen wie die Sanktionen. Wie gegenüber Putin, so muss Europa seine Freiheit also auch im Nahen Osten, wie es jetzt so schön heißt, mit erhöhter Wehrhaftigkeit schützen.
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