Auch Männer werden unterdrückt
Und nicht nur die Frauen werden bei der aktuellen Machtdemonstration des Regimes unterdrückt, auch Männer, die ihren zivilen Protest etwa durch das Tragen kurzer Hosen zeigen (auch das ist im Iran verboten), werden bestraft. Der im Iran bekannte Schauspieler Mohamad Sadeghi wurde am Wochenende unter aufsehenerregenden Umständen verhaftet, nachdem er in einem Video auf Instagram die neue Verhaftungswelle kritisiert hat. Sadeghi hat für die Öffentlichkeit live mitverfolgbar gefilmt, wie seine Tür aufgebrochen wird. Er soll laut Fars News wegen der Verbreitung von Homosexualität angeklagt werden – darauf steht die Todesstrafe.
Zeitpunkt für Sittenpolizei ist kein Zufall
Der Zeitpunkt für das harte Durchgreifen des Regimes ist nicht zufällig gewählt. In genau zwei Monaten jährt sich der Todestag von Jina Mahsa Amini - jener Frau, deren Tod in Polizeigewahrsam als Auslöser der Protestwelle galt. Ihr Name wurde zum Code für die ganze Bewegung, die mit dem Motto „Frau, Leben, Freiheit“ weltweit für Aufsehen gesorgt hat. Wien widmet ihr sogar eine Jina-Mahsa-Amini-Straße in der Seestadt.
Doch die Bewegung musste starke Rückschläge in Kauf nehmen. Seit Jahresbeginn wurden rund 200 Todesurteile vollstreckt. Tausende sitzen noch immer in Haft. Angehörige der Hunderten Toten, die öffentlich Gerechtigkeit für ihre erschossenen oder zu Tode gefolterten Kinder, Schwestern und Brüder forderten, wurden selbst inhaftiert oder bedroht, um sie zum Schweigen zu bringen.
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„Die Protestbewegung ist auf keinen Fall erstickt“, erklärt dazu die Iran-Expertin Shoura Hashemi. „Im Moment fehlt der Mut in Massen auf die Straßen zu gehen, aber ich bin überzeugt, dass es wieder einen Zünder geben wird.“ Die Frage sei, wie weit das Regime bereit ist, die Maßnahmen durchzusetzen. „Man bemüht sich derzeit die Beziehungen zum Westen zu stabilisieren. Gewaltsame Bilder wie im vergangenen Herbst sollen verhindert werden.“
Letztendlich fehlt inzwischen aber eine Oppositionsfigur, die an der Spitze einer solchen Revolution stehen könnte. Anfangs war das noch ein Vorteil der Bewegung, da es keine Führung gab, die ausgeschaltet werden konnte. „Der Großteil der politischen Opposition sitzt im Gefängnis und die Frage der Opposition von außen ist schwierig“, erklärt Hashemi.
Wenig Unterstützung
Die Exil-Formation mit dem Schah-Sohn Reza Pahlavi und der Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi wurde in den vergangenen Monaten bei diversen Staatschefs vorstellig – Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu empfing Pahlavi sogar wie einen Staatsgast.
Doch in der Diaspora gibt es viel Streit über den richtigen Weg und Macht der Mullahs scheint trotz diverser Spekulationen über interne Risse ungebrochen. „Derzeit gibt es keine Regierung, die Interesse daran hat die Protestbewegung zu unterstützen. Das kann sich schlagartig ändern, wenn im Iran wieder mehr Menschen auf die Straße gehen.“
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International wird unterdessen weiterhin über den Atom-Deal verhandelt, Hashemi vermutet einen „Atomdeal-Light“, der auf nukleare Deeskalation abzielt. „Die Frage ist, was dem Regime im Gegenzug geboten wird. Das kann für die Protestbewegung eine große Auswirkung haben.“
Auf Irans Straßen dürften sich die Frauen derzeit noch von den neuerlichen Verschärfungen der Sittenregeln unbeeindruckt zeigen. Hashemi: „Ich habe bisher nicht den Eindruck, dass die Frauen sich einschüchtern lassen. Man wird sehen, ob es spätestens im Herbst zu Gewaltexzessen kommt. Allen ist klar, dass das Regime Angst vor der Durchhaltekraft dieser Protestbewegung hat.“
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