Kommunisten in Salzburg: Worauf Dankl jetzt antworten muss
Christian Böhmer
11.03.24, 18:00Der prominente Sozialdemokrat Michael Häupl hat einst den Satz geprägt, der Wahlkampf sei eine „Zeit der fokussierten Unintelligenz“. Diesem Befund ist nichts hinzuzufügen, bis vielleicht auf eines: Nicht immer hat sich die fokussierte Unintelligenz am Wahlsonntag erledigt. Manchmal geht das Ganze auch länger – wie die Berichterstattung über den Salzburger Wahlsonntag belegt.
Angesichts des Wahlergebnisses der KPÖ plus verfielen manche in Schnappatmung und verstiegen sich zu überspannten Formulierungen wie „Mozart wird aus Politik-Frust zum Kommunisten!“.
Was ein Genie aus dem 18. Jahrhundert mit einer Gemeinderatswahl im Jahr 2024 zu tun hat, gehört zu den großen Mysterien des Boulevards.
Angesichts der wahrnehmbaren Aufregung muss aber einiges zurechtgerückt werden.
Zunächst einmal die Dimensionen: Ja, es ist so: Der Kandidat der KPÖ plus, Kay-Michael Dankl, hat es in die Stichwahl geschafft, es besteht theoretisch die Möglichkeit, dass nach Graz nun die zweite Landeshauptstadt von einem KPÖ-Mitglied regiert wird. Dass damit die Stadt oder gar das Bundesland „scharf nach links“ abbiegen, sollte allein aus mathematischen Überlegungen hinterfragt werden: Von den nur 61.000 Menschen, die zur Wahl gingen, haben nicht einmal 14.000 ihr Kreuz bei der KPÖ gemacht. In Summe ist das nicht ganz jeder zehnte Stimmberechtigte der Stadt. Revolutionen sehen anders aus.
Sehr lohnend ist die Frage, wie es Dankl überhaupt so weit schaffen konnte.
Eine der plausiblen Antworten: Der Historiker ist authentisch. Ruhig in der Sprache, bleibt er ausnahmslos sachlich und hat, wie er am Montag selbst erklärte, fünf Jahre konsequent ein Thema beackert: das leistbare Wohnen. Dankl ist ein Wohn-Ombudsmann, der Bedürftigen bei Anträgen und Behördenterminen hilft.
Er wiederholt damit, was vor 20 Jahren ein Grazer KPÖ-Stadtrat vorgelebt hat: Auch Ernest Kaltenegger besuchte Menschen, die so arm waren, dass sie zum Duschen ins Freie mussten. Auch er verzichtete auf einen Teil seiner Gage und speiste damit einen Hilfsfonds für Bedürftige (mehr dazu lesen Sie hier).
Wer sich christlich-sozial nennt, muss seine Werte nicht verraten, um Menschen wie Kaltenegger und Dankl zu wählen. Anständigkeit und Authentizität sind immer noch en vogue. In Graz, Salzburg, überall.
Irritierend ist dabei nur, dass Dankl just in der KPÖ Politik macht. Warum wirbt man für eine Partei, die den EU-Beitritt als „Verrat“ bezeichnet und Terror-Regime wie die Sowjetunion oder die DDR de facto bis heute verteidigt?
Warum hat Dankl keine eigene Bewegung oder Bürgerliste gegründet, um Missstände in Salzburg zu bekämpfen? Das ist die Frage, die er schlüssig beantworten muss – und zwar spätestens dann, wenn er wirklich Bürgermeister ist.
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