Hamburger-Debatte & Co: Wer malt das Bild der Politik?

Hamburger-Debatte & Co:  Wer malt das Bild der Politik?
Es geht um Verantwortung – insbesondere auch auf Seiten der Medien. Ein Gastkommentar von Johannes Thun-Hohenstein.

Armin Wolf beklagte schon öfter wie zuletzt auch Frau Reiterer „im Zentrum“ das negative Bild der Politik, das vermittelt würde. Aber wer vermittelt, wer malt denn dieses Bild? Wer sorgt dafür, dass der Bürger, die Bürgerin sich überhaupt ein Bild von der Politik machen können? Sie erhalten ihre Informationen, dank derer sie sich ein Bild machen können, zu 99 Prozent aus den Medien. Dort gestalten Journalistinnen und Journalisten dieses Bild – sie sind die Maler dieses Bildes. Dabei gilt die Freiheit der Berichterstattung, die Pressefreiheit. Und es ist gut, dass es sie gibt.

Aber wie sagte Thomas Mann: „Der Freiheit anderer Name ist Verantwortung“! Die Malerinnen und Maler tragen also auch Verantwortung für die Qualität des Bildes, das sie von der Politik malen. Auch wenn der Rohstoff dieser Bilder oft von „bescheidener“ Qualität sein mag. In der Kunst werden immer die Künstlerinnen und Künstler wegen ihrer Bilder gut oder schlecht beurteilt, nie die Farbe, das Motiv, die Leinwand und schon gar nicht der Betrachter.

Wie Maler für Motiv, Format, Farbwahl usw. verantwortlich sind, zeichnen Journalistinnen und Journalisten verantwortlich für Themenauswahl, Wortwahl, Tonalität, Gewichtung als Schlagzeile oder Notiz. Zu den Farben der Journalistinnen und Journalisten zählen z. B. Respekt, Wertung, Sachlichkeit, Relevanz, Gewichtung, etc.

Die häufige Praxis, unterschwellig zu werten, treibt seltsame Blüten. Ist das nicht auch Ausdruck eines Haltungsjournalismus, der vielfach den Qualitätsjournalismus ersetzt zu haben scheint? Wenn z. B. eine „Qualitätszeitung“ über das Nehammer-Video als Aufmacher von einer „Nehammer-Diät“ spricht und ihn darin auch noch falsch wiedergibt, begibt sie sich auf das Terrain der Satire-Seite Tagespresse. Zudem wird von Journalistinnen und Journalisten mitunter in Anspruch genommen, Politik gestalten zu müssen. Das allerdings ohne jede Wahl oder demokratische Legitimation. Sie gestalten die vierte Säule der Demokratie, die Informative. Dabei ist es ein Unterschied, ob man zur Kenntnis nimmt, eine gestaltende Wirkung zu haben, oder bewusst gestalten will.

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Auch wenn in der „ZiB 2“ aufgezählt wird, wer aller zum Interview abgesagt habe, klingt es oft wie ein Vorwurf, der das Bild der Absagenden dunkler malt.

Mehr noch: Bei Medien Anzeigen zu buchen, auch als Partei, ist per se okay. Medien finanzieren damit JournalistInnen mit voller Pressefreiheit und -verantwortung. Wenn die Gegenleistung eine gefällige Berichterstattung umfasst, so grenzt das, mit dem Malen eines falschen Bildes, an Betrug an der Leserschaft. Der Inseratenskandal ist daher auch ein Journalismus-Skandal, denn „bestochen“ haben die einen, „sich bestechen lassen“, die anderen.

Das klingt vielleicht nach „die Journalisten sind schuld“. Darum geht es mir nicht. Schuld ist Verantwortung mit negativer Aufladung. Ich rede hier nur von Verantwortung – und fordere deren Übernahme auch dringend ein.

Johannes Thun-Hohenstein ist Management-Coach und Mediator

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