ORF-Moderator und Satiriker Peter Klien wurde vergangenen Sonntag bei einer FPÖ-Veranstaltung in Hartberg von einem Sicherheitsmann "in den Schwitzkasten genommen" und "weggezerrt", als er Fragen an Herbert Kickl richten wollte. Das berichtete der ORF am Freitag in einer Aussendung und stellte sich hinter Klien.
Die FPÖ hingegen warf Klien am Freitagnachmittag vor, sich in einen Bereich gedrängt zu haben, "in denen Medien generell nichts verloren haben. Dazu zählen neben der Bühne und dem Backstage-Bereich auch jener FPÖ-Bus, in den sich Herr Klien ohne Genehmigung Zutritt verschaffen wollte", sagte Generalsekretär Christian Hafenecker.
"Kein anderer der zahlreich anwesenden Medienvertreter kam auf die Idee, diesen Bus stürmen zu wollen", so Hafenecker weiter. Und: "Wenn sich hier jemand aggressiv verhalten hat, dann ist es wohl eher Peter Klien." Der Sicherheitsmann habe "seine Arbeit" gemacht.
Was sagt nun der "Reporter ohne Grenzen", wie er sich selbst nennt, zu den Vorgängen? Im KURIER-Gespräch nimmt der Satiriker Stellung.
Szene bei einem fahrbaren Wagen
„Ich habe natürlich nicht den Bus gestürmt“, sagt Klien nun im Gespräch mit dem KURIER. Es handelte sich laut Kliens Darstellung um einen fahrbaren Wagen, bei dem eine Schneiderin ihre Dienste anbietet, um Reißverschlüsse und dergleichen zu reparieren. Einen solchen habe die FPÖ bei Veranstaltungen neuerdings immer wieder dabei. Auch ein Messerschleifer sei vor Ort beim Hartberger Oktoberfest gewesen, berichtet Klien.
Kickl sei im Rahmen des FPÖ-Frühschoppens nach dem Hartberger Oktoberfest vor diesem Wagen gestanden, erklärt Klien, und habe mit der Schneiderin geplaudert. Der Wagen sei nicht abgesperrt gewesen, die Türe sei offen gestanden. Er berichtet: „Ich wollte den günstigen Moment nützen, um mich ins Vis-a-vis von Herrn Kickl zu bringen – um quasi über die Budl eine offenbar hochgefährliche Frage nach Eva Glawischnig zu stellen.“
Klien weiter: „In dem Sinn muss man nachvollziehen können, dass mich der Security daraufhin gleich in den Schwitzkasten nimmt und unsanft zur Seite zieht. Offensichtlich ist es in der Logik der FPÖ klar, dass man auf so etwas mit körperlicher Gewalt reagiert.“
Es sei für ihn eine „sehr unangenehme Situation“ gewesen. „Ich möchte nicht, dass mir das noch einmal passiert. Aber es ist nicht blutig geworden oder sonst irgendwie eskaliert."
Stimmung "nicht feindselig"
Er wolle nun auch nicht wehleidig sein, sagt Klien. „Ich möchte der Fairness halber nicht unerwähnt lassen, dass die Stimmung mir gegenüber grundsätzlich nicht feindselig war. Es gibt natürlich auf so einer FPÖ-Veranstaltung Leute, die sagen, 'ORF, schleich dich“'. Das ist schon lange normal. Die 'Lügenpresse' oder die 'Systemmedien', das ist schon sehr verankert bei der FPÖ-Klientel. Aber es gibt dort auch Leute, die sagen: Ich schau zwar keinen ORF, aber 'Gute Nacht Österreich' schau ich mir an. Weil du zu allen gleich böse bist.“
"Anders wird's, wenn Kickl kommt"
Er habe bei dem FPÖ-Frühschoppen davor auch „gute Gespräche mit FPÖ-Funktionären“ geführt. „Aber anders wird's halt, wenn der Herr Kickl kommt. Der will tatsächlich nicht mit mir sprechen. Der lässt sich sozusagen vor mir beschützen. Generell ist das nichts Neues. Es gibt auch andere Spitzenpolitiker, die sich mich vom Leib halten wollen, aber die Art und Weise dieses Übergriffs ist neu, eine Tätlichkeit hat es noch nicht gegeben. Dass sich eine Menschenmauer vor mir aufbaut oder ich zur Seite gedrängt werde, ist normal. Aber das ist eine neue Qualität.“
Ob der Security-Mann auf eigene Faust gehandelt habe?
„Das kann ich mir nicht vorstellen“, sagt Klien. Ich gehe davon aus, dass ereinen Auftrag bekommen hat.“ Beobachtet habe er einen solchen Auftrag aber nicht, erklärt er.
Peter Klien ist Satiriker und hat sich als "Reporter ohne Grenzen" einen Namen gemacht. Er tritt als vorgeblicher Nachrichtenreporter des ORF auf und stellt absurde Fragen - vornehmlich an Spitzenpolitiker. Damit hat er bereits Prominenz erlangt und wird auf den Events, die er besucht, auch erkannt.
Zahlreiche Politikerinnen und Politiker spielen bei der Satire mit und kontern mit nicht immer ganz ernst gemeinten Antworten. FPÖ-Chef Kickl wich Klien bisher immer aus. Zu einer Parteiveranstaltung wurde ihm der Zugang verweigert. Nun kam es zu einem mutmaßlichen tätlichen Übergriff. Bekannt wurde er zunächst über seine Reportereinsätze für die Satireshow "Willkommen Österreich". Freitagabend bespielt er mittlerweile sein eigenes Satireformat, "Gute Nacht Österreich" (Freitags, 23.25 Uhr auf ORF 1).
Zweite "unangehme Situation"
Wie ist es dann weitergegangen?
Klien: „Ich habe weiter gemacht, habe mich nicht dadurch abbringen lassen, es war nicht so, dass ich mich fürchten musste. Aber als ich mich Herrn Kickl nähern wollte, ist mir Aggressivität entgegengeschlagen.“
Danach sei es zu einer weiteren unangenehmen Situation gekommen, berichtet Klien. Er sei zur Selfiewand gegangen. Das mache er bei seinen Auftritten gerne, weil Politiker dort nicht so gut ausweichen könnten. Klien sagt: „Ich bin zwar gewohnt, dass bei solchen Gelegenheiten Securitys sind, aber ich war da vielleicht noch zwei, drei Meter von dort entfernt, und schon kam dieser Sicherheitsmann wieder angeschossen und hat versucht, mich meterweise mit der Hand nach hinten zu drängen. Er ist mit einer hohen Aggressivität auf mich losgegangen.“
Froh über ORF-Unterstützung
Wie er über die Aussendung des ORF denke?
Klien: „Darüber bin ich sehr dankbar und froh, weil ich da draußen oft schon recht alleine bin. Aber zu wissen, dass der Sender hinter mir steht, ist mir schon wichtig.“
"Wegen der Quote habe ich das aber jedenfalls nicht öffentlich gemacht", ist Klien wichtig zu betonen. Diese sei "konstant hoch“.
Der Vorfall wurde auf Kamera festgehalten (die Szenen liegen dem KURIER vor) und soll bei „Gute Nacht Österreich“ am Freitagabend (6. Oktober 2023, 23.25 Uhr in ORF 1) gezeigt werden. "Es soll sich jeder selbst ein Bild darüber machen", sagt Klien.