Tatsächlich würde man sich am Wendepunkt der Krise von der Regierung erwarten, dass sie einen substanziellen Ausblick darauf gibt, wie es wirtschaftlich weitergeht, und was sich hinter den vielen Sprechblasen vom digitalen und ökologischen Wandel konkret verbirgt. Sogar die EU, oft wegen Behäbigkeit gescholten, scheint flotter unterwegs zu sein als Österreich: Sie fordert von den Staaten gerade konkrete Projekte ein, damit die EU-Milliarden für Aufbauhilfe sinnvoll ausgegeben werden. Einsendeschluss in Brüssel ist der 30. April. Türkis-Grün kann noch kein einziges Vorhaben für die drei für Österreich reservierten Milliarden benennen. Auch von den Grünen kommt diesbezüglich nur Öko-Prosa.
So wird das nichts mit dem Neustart nach der Krise.
Theoretisch sind ÖVP und Grün, Wirtschaft und Ökologie, die richtige Kombination für diese Zeit. Aber es mehren sich die Zweifel, ob die beiden Parteien die grundlegenden Weichenstellungen, die jetzt gefragt sind, auch zustande bringen.
Die politischen Energien fließen jedenfalls in eine ganz andere Richtung. Die ÖVP wirft sich mit einer Vehemenz in Attacken gegen die Justiz, dass man sich nur wundern kann. Vor nichts macht sie dabei halt: Nicht vor den Staatsanwaltschaften – die sollen irgendwie ans Gängelband. Nicht vor Verfassungsrichtern – die sollen sich künftig für ihr Abstimmungsverhalten rechtfertigen müssen. Und nicht vor den Medien – die sollen bestraft werden, wenn sie „überschießend“ über Ermittlungen berichten.
Man kann über jede Justizreform reden, und das Vorbild Deutschland ist sicher ein gutes. Aber der Zeitpunkt ist doppelt falsch: Erstens wird eine Justizreform entwertet, wenn sie als Strafe für Unbotmäßigkeit daherkommt. Und zweitens benötigen jetzt Arbeit, Wirtschaft und die Corona-Vorsorge für die Phase nach der akuten Pandemie die gesamte Aufmerksamkeit der Politik.
Kommentare