Der unkontrollierte Koalitionskrach

ÖVP und FPÖ wollten im Wahlkampf kontrolliert streiten. Unvorhergesehen wurde daraus Ernst.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Dass Türkis und Blau in den Wochen vor der EU-Wahl auf Distanz zueinander gehen, war von den Wahlstrategen der Koalitionsparteien geplant. Türkis sollte betont pro-europäisch auftreten, Blau die EU-kritischen Wähler abholen. Mit diesem kontrollierten Konflikt sollte die rot-pinke Opposition an den Rand gespielt werden.

Dann passierte der rassistisch motivierte Mord an 50 Muslimen in Christchurch, und die österreichischen Steuerfahnder deckten die Spende und damit einhergehend die ideologische Sympathie des Attentäters für Radikale in Österreich auf. Schlagartig katapultierte ein grausiges Attentat am anderen Ende der Welt auch eine österreichische Regierungspartei in die Auslage.

Nun hat die Regierung ein ernsthaftes Thema anstatt eines inszenierten Konflikts.

Der Kanzler sieht sich genötigt, auf Distanz zur FPÖ zu gehen, damit er nicht selbst in Verruf gerät. Sebastian Kurz nutzt die außenpolitische Bühne intensiv für innenpolitisches Marketing. Nichts kann er dort weniger gebrauchen, als auf radikale Tendenzen in seiner Regierung angesprochen zu werden. Dabei stellt sich einmal mehr als Fehler heraus, der FPÖ das sensible Innenministerium überlassen zu haben – noch dazu dem Scharfmacher Herbert Kickl.

Es wäre falsch, die FPÖ in Bausch und Boden ins radikale Eck zu stellen, oder ihr gar Sympathie für Gewalt zu unterstellen.

Aber sie muss insbesondere als Regierungspartei endlich einen Trennstrich zum Radikalismus ziehen und respektieren, dass zum Stimmenfang nicht alles erlaubt ist. Vor allem nichts, was gegen die Menschenwürde verstößt.

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