Brexit: Kehrt erst nach dem Bruch die Vernunft zurück?

Offensichtlich müssen die Brexit-Gespräche endgültig scheitern, bevor man einander wirklich zuhört.
Konrad Kramar

Konrad Kramar

Der Salzburg-Gipfel war eine Katastrophe für Theresa May, und damit die Ouvertüre für ihren politischen Untergang. Die EU hat den britischen Vorschlag glatt abgewiesen und die britische Premierministerin hat zuhause keinen politischen Spielraum mehr, um diesen Vorschlag umzumodeln. Sie hat gnadenlos hoch gepokert und hat jetzt kein Ass mehr im Ärmel.

Großbritannien ist drauf und dran sich quasi grußlos aus Europa zu verabschieden, und in London steht die Regierung vor dem Kollaps. Die Kommentatoren fordern bereits in Shakespearscher Diktion den Kopf der Premierministerin und, als Opfer dazu, das von ihr ausgehandelte Brexit-Verhandlungspapier. Am Wort sind die Hardliner, die schon immer für einen kompromisslosen EU-Austritt eingetreten sind.

Als May im Juli ihrer Regierung in einem Gewaltakt eine gemeinsame Position für die Verhandlungen mit der EU abrang, nützten das die prominentesten dieser Brexit-Hardliner, um sich publikumswirksam aus der Regierung zu verabschieden. So einen Verrat an Großbritannien könne er nicht dulden, tönte der abgehende Außenminister Boris Johnson gewohnt pompös – und scharte die EU-Feinde erneut um sich.

Die EU dagegen kann Großbritannien nicht die Tür zur erwünschten EU-Mitgliedschaft light (Freihandel ohne Verpflichtungen) öffnen. May steckt also in einem Stellungskrieg fest, den sie jetzt endgültig verloren hat. Politisch seit den letzten Wahlen massiv geschwächt, ist sie nur noch im Amt, weil ihre Gegner sie offensichtlich zuerst untergehen sehen wollen, bevor sie als Retter des Vaterlandes die Bühne betreten.

Möglicherweise aber braucht es diesen großen Knall, das Scheitern der bisherigen halbherzigen Kompromisse, damit allen Beteiligten die Tragweite eines Brexit klar wird – für Brüssel und viel mehr noch für London.

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