Die neue Transparenz der Kommission & was sie von einer Piratin lernen kann

Piraten-Partei: Transparenz wird bei EU-Mandatarin Reda groß geschrieben
Die Juncker-Kommission versucht es mit mehr Transparenz. Da geht aber noch mehr, wie Julia Reda von den Piraten zeigt.
Philipp Hacker-Walton

Philipp Hacker-Walton

Eine Piratin zeigt allen, wie es geht.

von Philipp Hacker-Walton

über Transparenz in Brüssel

In der Nacht des EU-Wahlsonntags saß Jean-Claude Juncker bei Martin Schulz in dessen Büro im Brüsseler EU-Parlament, die beiden berieten, wie es nach der Wahl - die Junckers EVP offenbar gewonnen hatte - weiter gehen würde. Schulz gab dem Sieger Juncker, so wird es im direkten Umfeld der beiden erzählt, einen Auftrag mit auf den Weg: "Wenn du in die Kommission kommst, mach' mal die Fenster auf, lüfte mal durch."

Juncker versucht tatsächlich, nach 10 Jahren unter Jose Manuel Barroso als Kommissionschef, frischen Wind in die Brüsseler Behörde zu bringen: Er hat die Struktur der Kommission grundlegend umgebaut, er tritt selbst öfter auf und ist zugänglicher als Barroso - und er hat mehr Transparenz und weniger Geheimniskrämerei im Berlaymont-Gebäude, dem Brüsseler Hauptquartier der Kommission, versprochen.

Ein richtiger erster Schritt zu mehr Transparenz: Mittlerweile kann auf der Website der Kommission jeder nachlesen, wann sich die einzelnen Kommissare wo mit welchen Organisationen zu welchen Themen getroffen haben. Auch die Treffen der Kabinettsmitglieder mit NGOs, Verbänden und Lobbyisten müssen offen gelegt werden. (Update, 23. Jänner 18:10 Uhr: Auf der Seite http://commission-today.palcu.ro/ gibt es eine übersichtlichere Darstellung der Treffen von Kommissaren und ihren Mitarbeitern; funktioniert leider noch nicht zu 100 % fehlerfrei. Danke an Christopher Clay für den Hinweis!)

Wie der nächste Schritt aussehen könnte, zeigt Julia Reda, seit der Wahl für die deutsche Piratenpartei im EU-Parlament, schon längst vor: Reda veröffentlicht nicht nur, mit welchen Lobbyisten sie sich getroffen hat - sondern auch, wer sich darüberhinaus noch aller mit ihr treffen wollte.

Die Anfragen für Treffen zum Thema Urheberrecht hat Reda außerdem noch zeitlich eingeordnet - man sieht deutlich, wie sich die Zahl der Anfragen gesteigert hat, nachdem sie offiziell zur Berichterstatterin im Rechtsausschuss des Parlaments ernannt wurde.

Reda hat die Anfragen außerdem noch in Kategorien unterteilt: Man sieht, wie viele Rechte-Inhaber, Autoren, Behörden, Service-Anbieter, Nutzer und Wissenschafter sich jeweils mit ihr über die Reform der EU-Urheberrechts unterhalten wollten. Und gleich daneben sieht man, dass Reda die Imbalance bei den Anfragen mit ihren Zusagen ausgeglichen hat: Service-Anbieter waren etwa für 21 Prozent der Anfragen verantwortlich, "erhielten" aber nur knapp zehn Prozent der Treffen. Bei Behörden und Nutzern hat Reda das Verhältnis in die andere Richtung gelenkt.

Ein höchst transparenter Ansatz, mit dem sich gut nachvollziehen lässt, wie in Brüssel Politik gemacht wird. Von dieser Piratin könnte Juncker in Sachen Transparenz jedenfalls noch einiges lernen.

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