Wie Mario Dujaković zur Stimme der Migranten in der Pandemie wurde
Mario Dujaković ist eine der Stimmen der Pandemie: Er ist einer der drei Pressesprecher vom Wiener SPÖ-Gesundheitsstadtrat Peter Hacker, hat in der COVID-Zeit jedoch eine wichtige Doppelrolle gefunden, die ihn auf den zweiten Teil seiner Identität zurückführt: Der Oberösterreicher Dujaković war Flüchtlingskind aus dem ehemaligen Jugoslawien. Mit diesem Background erreicht er über Social Media Bevölkerungsgruppen, die für Politik und Medien sonst schwerer adressierbar sind. Ein Sprecher in die Community sozusagen. Mit "Mehr Platz" sprach Dujakovic über Teilhabe in der Öffentlichkeit und wie er in der Corona-Zeit unerwartet seinen inneren Migranten fand.
KURIER: Ist es aus Ihrer Sicht schwer, als Migrant in der politischen Öffentlichkeitsarbeit Akzeptanz zu finden?
Mario Dujaković: Ehrlich gesagt hatte ich mich bis vor Kurzem in dieser Rolle nicht als Migrant verstanden, sondern primär als Oberösterreicher, auch wenn ich erst 1991 nach Österreich gekommen bin. Das hat sich interessanterweise durch die Pandemie gewandelt: Viele Personen aus Ex-Jugoslawien haben die von uns kommunizierten Informationen wahrgenommen und eh richtig verstanden, wollten sich aber z.B. direkt per Mail bei einem „Landsmann“ noch einmal absichern. Tweets von mir werden in Familien-Whatsapp-Gruppen verschickt, weil die Information von „einem von uns“ kommt. Das war am Anfang ganz komisch, ich konnte mir nicht erklären, wo dieses Bedürfnis herkommt. Mittlerweile eines meiner wichtigsten Learnings in dieser Pandemie: Da geht es eben nicht darum, ob eine Botschaft medial rübergekommen ist. Da gibt es tatsächlich Leute, die sich auf den Inhalt meiner E-Mails so stark verlassen, dass sie ihren Urlaub danach planen oder den Schulalltag ihrer Kinder.
Was hat sich in den vergangenen Jahren in punkto Teilhabe und Perspektive auf migrantische Themen in den österreichischen Medien verbessert?
Ich finde es sehr gut, dass es in österreichischen Medien – das gilt aber auch für Presseabteilungen und Agenturen genauso – mittlerweile ein Bewusstsein oder zumindest eine Art Bauchgefühl gibt, dass „etwas fehlt“. Bisher war es mehr Unverständnis und Beleidigt-Sein, wenn man auf strukturelle Mängel in dem Bereich hingewiesen hat. Da bewegt sich gerade viel, habe ich das Gefühl. Das hat sicher auch damit zu tun, dass die Enkelkinder der GastarbeiterInnen vermehrt auf den Zug des sozialen Aufstiegs aufspringen. Viele studieren mittlerweile und damit öffnen sich eben auch Türen. Das braucht seine Zeit und geht freilich über mehrere Generationen. Das spürt man an allen Ecken und Enden unserer Gesellschaft. Ob es tatsächlich gescheit ist, „migrantische“ RedakteurInnen für „migrantische“ Themen abzustellen, weiß ich nicht. Für mich fühlt sich das dann wieder so an, als wäre es etwas Separates wie eine eigene Musikrichtung anstatt das, was es im echten Leben immer schon war: Querschnittsmaterie.
Menschen aus vielen Ländern wandern aus unterschiedlichen Gründen nach Österreich ein. Gibt es aus Ihrer Sicht Gruppen, die sich in der Öffentlichkeit besser etabliert haben?
Das spricht jetzt der Pessimist aus mir: Nein. Man kann sich als Person mit fremdem Namen so hart anstrengen, wie man will, es wird maximal für 99 Prozent Etablierung reichen. Das verbleibende Prozent wird – gerade in politischen Debatten – zum Teil sehr schirch ausgeschlachtet. Darum hat die Antwort auf diese Frage immer eine gewisse Saisonalität. Hetze geht selten pauschal gegen alle MigrantInnen an und für sich, sondern immer nur gegen bestimmte Teilgruppen. Bei Türkis und Blau waren das TschetschenInnen und AfghanInnen. Früher waren es NigerianerInnen und AlbanerInnen. Davor TürkInnen und Menschen aus Ex-Jugoslawien. Das Traurige und gleichzeitig auch Verständliche dabei ist, dass die „nicht-saisonalen“ Gruppen einfach froh sind, wenn der jeweils aktuelle Kelch an ihnen vorübergeht. Dabei wäre das doch etwas, was wir allen Menschen hier zugestehen könnten: Dass sie in Ruhe arbeiten und leben können.
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