Seither ziehen immer mehr nach. „Schätzungsweise gibt es zwei Millionen Lieferanten in der Türkei“, sagt Ferhat Zorbay von der Gewerkschaft Tehis. Zentrale Forderungen der Proteste, die derzeit in elf Städten der Türkei laufen, sind höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. „Wir wollen 5.500 Lira netto verdienen, nicht als Selbstständige arbeiten und als Lieferant eingestuft werden. Viele von uns scheinen nämlich als Lagermitarbeiter auf, da es dafür keine Gefahrenzulage gibt“, erklärt auch Timurtaş im KURIER-Gespräch. Mindestlohn sind in der Türkei derzeit 4.523 Lira, umgerechnet macht das knapp 300 Euro aus.
Aufgeben kommt für die Protestierenden nicht in Frage. „Das ist ein Wendepunkt. Ein Aufstand der Arbeiterklasse“, so Zorbay. Doch vor allem der Essens-Riese Yemeksepeti zeigt sich laut Gewerkschaft wenig kooperationsbereit. Bisher habe es weder Gespräche, noch Zugeständnisse gegeben. Für das Unternehmen dürfte es sich aber auch um weitaus mehr handeln. Denn Yemeksepeti gehört zu Delivery Hero, 2015 wurde es von dem deutschen Start-up aufgekauft. In Österreich ist Delivery Hero als Mjam aktiv – und auch hierzulande immer wieder mit schlechten Arbeitsbedingungen für Lieferanten in den Schlagzeilen.
Auf KURIER-Anfrage bei Delivery Hero weicht man der Frage nach den Arbeitsbedingungen großteils aus. „Wir sind uns der Situation in der Türkei bewusst und stehen in engem Kontakt mit unserem Team vor Ort. Uns liegt die Gemeinschaft der Rider am Herzen. Sie spielen eine entscheidende Rolle in unserer Arbeit, weshalb wir uns dafür einsetzen, die Arbeitsbeziehungen nachhaltig zu gestalten. Wir sind im ständigen Dialog, um diese Beziehungen weiter zu verbessern“, heißt es lediglich.
Vielleicht ist man aber auch mit anderen Sachen beschäftigt. Denn seit Mittwoch sind die Delivery-Hero-Aktien im Sinkflug. Allein am Donnerstag fiel der Kurs um 30 Prozent – einer der größten Verluste in der Geschichte des Leitindex. Nun droht dem Lieferkonzern sogar der Abstieg aus dem Dax.
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