Mega-Inflation treibt Türken in Armut - Urlaub wird aber billiger

Präsident Erdogan wird für die Misere verantwortlich gemacht
Im Vergleich zum Jänner 2021 betrug die Teuerung jetzt 50 Prozent. Und weil die Währung verfällt, reisen EU-Bürger nun günstiger in die Türkei.

Da half es auch nicht, dass Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan den Chef der nationalen Statistikbehörden jüngst in die Wüste geschickt hatte – der neue hatte am Donnerstag noch schlechtere Nachrichten zu verkünden.

Demnach sprang die Inflation in der Türkei im Jänner binnen Jahresfrist auf knapp 50 Prozent, exakt auf 48,7 Prozent. Zugleich verfällt die Landeswährung Lira. Die Folge: Ein Teil der Bevölkerung versinkt in bitterer Armut.

Dabei gehen Experten davon aus, dass die „echte“ Teuerung fast das Doppelte betragen könnte. Ein Zusammenschluss unabhängiger Fachleute kommt jedenfalls zu diesem Schluss. Und zwar indem jene Waren aus dem Bewertungskorb genommen wurden, die der Staat kontrollieren kann, etwa im Gesundheits- oder Bildungswesen.

Wer nicht spurt, fliegt

Beobachter machen für die Misere einen Mann verantwortlich: Erdoğan. Er persönlich zwingt Notenbank wie Finanzminister, die Zinsen niedrig zu halten, im Vorjahr wurden sie sogar mehrmals gesenkt und liegen derzeit bei rund 14 Prozent.

Wer nicht mitzieht, weil er der gängigen Volkswirtschaftslehre anhängt, dass höhere Zinsen das wirksamste Mittel gegen Inflation sei, wird gefeuert. So hat der Staatspräsident seit 2019 schon drei Zentralbank-Gouverneure und zwei Finanzminister verbraucht.

Die galoppierende Inflation ist auch ein Hauptgrund für den Verfall der türkischen Lira. Im Vergleich zum Euro hat sich ihr Wert im Vorjahr am Höhepunkt im Dezember mehr als halbiert. Für einen Euro bekam man fast 19 Lira (im Jänner waren es knapp 9), jetzt sind es knapp 15 Lira.

Die leichte Erholung ist primär auf die Intervention der Notenbank zurückzuführen, die laut Schätzungen allein im Dezember 17,6 Milliarden Euro ausmachte. Und ein wenig auch auf den Aufruf Erdoğans an alle Türken, Euro, US-Dollar oder britische Pfund auf Lira-Konten einzuzahlen. Dort erhält man bei staatlichen Banken nun Zinsen bis zu 18 Prozent, bei privaten noch mehr.

Mega-Inflation treibt Türken in Armut - Urlaub wird aber billiger

Für die Menschen im Land am Bosporus ist der Lira-Verfall neben der Inflation die zweite bittere Pille, die sie schlucken müssen. Denn selbst normale Importwaren wie italienische Nudeln oder Schweizer Käse werden so zu unerschwinglichen Luxusgütern.

Kein Wunder, dass der Unmut über den Staatschef steigt. Laut jüngsten Umfragen hat seine regierende AKP erstmals überhaupt, seit dem sie an der Macht ist (2002), die Mehrheit verloren. Ein Jahr vor dem regulären Wahltermin schlägt Erdoğan daher wild um sich: Den oppositionellen Bürgermeistern der Metropolen Istanbul und Ankara droht er etwa mit Absetzung.

Billiger Türkei-Urlaub

Mega-Inflation treibt Türken in Armut - Urlaub wird aber billiger

Für EU-Bürger, die es nach Istanbul oder an die türkischen Strände zieht, ist die schwache Lira freilich eine gute Nachricht. Noch nie war dort ein Urlaub so billig wie heuer. In Vor-Corona-Zeiten pilgerten 2019 mehr als 400.000 Österreicher in das Mittelmeerland, aus Deutschland gar mehr als fünf Millionen.

Kommentare