Dramatischer Rückgang der Freiheiten in Serbien und Bosnien

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Der neueste "Freedom House"-Bericht weist auf besorgniserregende Entwicklungen in den beiden Balkanstaaten hin.

"Zum Teil frei". Dieses Prädikat hat Freedom House auch diesmal Serbien und Bosnien-Herzegowina verliehen - und damit auf die besorgniserregenden Entwicklungen in den beiden Balkan-Ländern hingewiesen. Denn der Trend geht weiterhin in die falsche Richtung. 

Jahr für Jahr bringt die in Washington ansässige NGO einen Bericht namens "Freedom in the World" heraus, in dem die Freiheiten für Bewohnerinnen und Bewohner der jeweiligen Länder unter die Lupe genommen werden. Vergeben werden dabei bis zu maximal 100 Punkte. Serbien bekam diesmal 60, Bosnien-Herzegowina gerade mal 52 Punkte. 2022 waren es noch 62 bzw. 53.

So finden sich die beiden Nachbarstaaten auf der Liste der Länder, die in den letzten zehn Jahren den stärksten Rückgang der Freiheiten verzeichnet haben: Serbien mit einem Minus von 18 Punkten und Bosnien-Herzegowina mit einem Minus von zehn Punkten. Ein leichter Aufwärtstrend ist hingegen im Kosovo zu verzeichnen: von 56 im Vorjahr auf 60 Punkte heuer. 

Organisierte Verbrechen und Vetternwirtschaft

"Serbien ist eine parlamentarische Demokratie mit Mehrparteienwahlen, aber die regierende serbische Fortschrittspartei (von Präsident Aleksandar Vučić, Anm.) hat ständig politische Rechte und bürgerliche Freiheiten ausgehöhlt und unabhängige Medien, politische Opposition und Organisationen der Zivilgesellschaft unter Druck gesetzt", heißt es in dem Bericht. 

Im Jahr 2022 sei es laut Freedom House zu zahlreichen Verletzungen der Versammlungsfreiheit gekommen. Versammlungen und Proteste von Aktivisten seien durch private Sicherheitsdienste und maskierte Personen, die angeblich mit der Regierung in Verbindung stehen, gewaltsam unterdrückt worden. Zudem habe Vučić im September die Abhaltung der Europride untersagt. Als Grund für seine Entscheidung nannte er die "Drohungen rechter Gruppen". 

"Vučić und seiner Partie SNS wird von Kritikern vorgeworfen, sie hätten Verbindungen zum organisierten Verbrechen und würden Vetternwirtschaft betreiben - sprich Jobs werden nur an Mitarbeiter des Präsidenten und der Regierungspartei vergeben. Ermittlungen wegen Korruption werden von mehreren Staatsanwälten geführt, die am häufigsten die Polizei beschuldigen, nicht genügend Beweise gegen Minister zu haben", schreibt Freedom House.

Journalisten und LGBT+-Community im Visier

Laut Freedom House wird die Medienfreiheit durch Drohungen, Klagen oder Strafanzeigen gegen Journalisten, unklare Eigentumsverhältnisse der Medien, Druck von Politikern auf Redakteure, direkten Druck auf Journalisten und ein hohes Maß an Selbstzensur bedroht. Regierungsparteien seien in den öffentlichen Diensten stark vertreten. Die fünfte nationale Frequenz wurde schließlich nicht zugeteilt, weshalb die beiden nicht konzessionierten TV-Sender N1 und Nova S aus Protest vorübergehend ihre Programme abstellten.

Freedom House gibt an, dass sich einige private Sender und Boulevardzeitungen an Schmutzkampagnen gegen die Opposition oder Rivalen der Regierung beteiligen. Journalisten sind körperlichen Angriffen, Verleumdungen, Online-Belästigungen und Steuerkontrollen ausgesetzt. Ausländische und inländische Nichtregierungsorganisationen arbeiten im Allgemeinen frei, aber diejenigen, die eine kritische Haltung gegenüber der Regierung einnehmen, werden bedroht und schikaniert, heißt es in dem Bericht.

Die radikale Rechte und gewalttätige Hooligans, die u.a. die ethnischen Minderheiten und die LGBT+-Community belästigen, geben laut Freedom House nach wie vor Anlass zur Sorge. Insbesondere Roma werden in Serbien immer noch diskriminiert, wenn es um Beschäftigung, Wohnung und Bildung geht. Die LGBT+-Community ist das Ziel von Hassreden, Drohungen und körperlicher Gewalt. Die Täter werden selten bestraft, wird in dem Bericht festgestellt.

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