"Absolute Katastrophe": Kroatische Gastronomen verzweifeln

"Absolute Katastrophe": Kroatische Gastronomen verzweifeln
Keine Arbeitskräfte, zu hohe Mehrwertsteuer, falsche Strategie: Die Gastronomen im beliebten Urlaubsland hadern über viele Missstände.

Die Gastronomen in Kroatien warnen vor zahlreichen Problemen, mit denen sie konfrontiert sind. Einer davon ist der große Mangel an Arbeitskräften. Die Abwanderung von gut ausgebildeten Kellnerinnen und Kellnern ins Ausland hält schon seit Jahren an, erklärte Vedran Jakominić, Präsident des Kvarner- und Istrien-Gastronomieverbandes gegenüber dem TV-Sender N1. Die Gastonomen hätten laut ihm schon rechtzeitig vor diesem und anderen geschäftlichen Problemen gewarnt.

"Um die Situation zu verstehen, müssen wir zum Zeitpunkt des kroatischen Beitritts zur Europäischen Union zurückgehen, als die Menschen begannen, ins Ausland zu gehen, um unter besseren Bedingungen und für höhere Löhne zu arbeiten. Wir haben vor dieser Abwanderung gewarnt", sagte Jakominić. 

"Wir haben geahnt, dass es dazu kommen würde, dass wir Arbeitskräfte, zuerst aus nahe gelegenen Ländern und dann aus entfernten Ländern importieren werden müssen. Genau das ist leider eingetreten", stellte Jakominić fest und ging auf ein anderes, gravierendes Problem ein.

"Ich kann meinem Kellner kein Gehalt von 3.000 Euro geben, wenn ..."

Seit der Mehrwertsteuersatz im Gastronomiebereich auf 25 Prozent angehoben wurde, appellierten die Gastronomen immer wieder an die Regierung, sie solle ihnen bessere Konditionen anbieten. 

"Ich kann meinem Kellner kein Gehalt von 3.000 Euro geben, wenn meine Geschäftsergebnisse damit nicht mithalten können. Und um das zu erreichen, haben wir eine Senkung des Mehrwertsteuersatzes in der Gastronomie gefordert, die übrigens die höchste in der EU ist, eine Änderung der Steuersätze auf Gehälter, die Legalisierung von Trinkgeldern, die Regulierung von Zeit- und Gelegenheitsarbeit, Arbeitsgutscheine ...", zählt der Chefgastronom eine ganze Reihe von Möglichkeiten, "die es jemandem, der arbeiten möchte, ermöglichen könnten, legal zu arbeiten".

Idee von "Freunde einspringen lassen" kam nicht gut an 

Auch mit dem Vorschlag der "gelegentlichen" Arbeitsweise sind die kroatischen Gastronomen bei den zuständigen Behörden abgeblitzt. "Das war so gedacht: Einfach einen Freund anrufen dürfen, wenn das Café überfüllt ist, damit dieser für drei oder vier Stunden 'einspringt'. Der Freund würde natürlich dafür bezahlt, damit wäre seine Kurzbeschäftigung legal und alles. Dadurch würden Hochzeitsfeiern und diverse andere Großveranstaltungen entlastet. Allerdings ist nichts davon passiert, also haben wir jetzt eine katastrophale Situation", erklärte er gegenüber N1.

Seiner Meinung nach liege das Problem im Tourismus bzw. in dem, was der Staat daraus gemacht hat. "Bei uns ist Tourismus eine nationale Strategie, und das ist die schlechteste Strategie, die es gibt. Wir haben all unsere Karten auf ihn gesetzt, verwenden ihn aber nicht als Fundament für unsere Wirtschaft. Tourismus ist an sich eine tolle Sache, aber er sollte einen Mehrwert haben".

Istrien dient als Positivbeispiel 

Kroatien habe laut ihm 90 Tage extremer Hochsaison im Jahr, für die man enorme Ressourcen brauche. "Beherbergungsbetriebe, Wohnungen und Hotels, Bier- und Weintanks, Kühlschränke ... all das wird die nächsten 270 Tage leer sein und auf die neue Saison warten. In diesen 90 Tagen schaffen wir es nicht einmal, den Touristen einheimische Produkte anzubieten - da wir nicht genug davon haben. Wir müssen alles importieren, weil wir von nichts genug haben. Wenn wir also alles zusammenzählen, kommen wir zu dem Schluss, dass wir nur sehr wenig heimische Industrie haben, die dem Tourismus folgen kann", kritisiert der Gastronom.

Istrien hebt er als ein Positivbeispiel hervor. "Istrien setzt auf regionale Produkte, die zwar teuer sind, aber eben aus der Region kommen. Deswegen regt sich keiner über die hohen Preise auf".

Erhöhung der Mehrwertsteuer war der Knackpunkt

Vedran Jakominić ist nicht allzu optimistisch, was die Zukunft der kroatischen Gastronomiebranche angeht. "Wir sollten zehn Jahre zurückgehen und anfangen, alles von Grund auf so zusammenzustellen, wie es sein sollte. Wir hatten eine gute Strategie für den Tourismus, aber sie wurde 2016 ignoriert". Der Knackpunkt war aus seiner Sicht die Erhöhung der Mehrwertsteuer im Jahr 2017 - von ohnehin hohen 23 auf 25 Prozent. "Das trieb damals einige Leute in die Illegalität zurück, Investitionen gingen ins Wasser, sodass wir sieben Jahre später eine Situation haben, die kein Fiasko, sondern eine absolute Katastrophe ist".

Denn auch die Gewohnheiten der Menschen hätten sich geändert. Sie würden sich jetzt häufiger als zuvor zu Hause treffen sich, gingen weniger aus. Das führe dazu, dass Gastronomen weniger Arbeitskräfte hätten. "Irgendwann wird es Selbstbedienungsautomaten in Gastronomiebetrieben geben. Sie drücken einen Knopf und bekommen eine Pizza. Im Gastgewerbe geht es nicht um das Produkt, sondern um die Atmosphäre. Und wenn man diese Atmosphäre nicht bekommt, dann ergibt das alles keinen Sinn mehr", stellte Jakominić am Ende verbittert fest.

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