Grazer Bürgermeisterin Kahr schwärmt immer noch für Jugoslawien

Elke Kahr
"Jugoslawien hatte von allen sozialistischen Staaten das haltbarste Modell", erzählte Elke Kahr im Interview mit einem serbischen TV-Sender.

Eines hat Elke Kahr jetzt schon sicher: die Sympathien aller Jugo-Nostalgiker. Anfang Oktober hatte die Grazer Bürgermeisterin in einem Interview mit dem kroatischen Fernsehsender RTL Hrvatska das Blut derer, die sich gerne an die alten Zeiten unter dem charismatischen Präsidenten Josip Broz Tito erinnern, in Wallung gebracht. Die KPÖ-Obfrau hatte damals das Tito-System gelobt. 

In einem neuerlichen Interview mit einem Sender aus dem Bosnisch/Kroatisch/Serbisch-sprachigen Raum hat Kahr über den einst 22 Millionen Einwohner zählenden Vielvölkerstaat geschwärmt. In einem auf dem Portal des serbischen TV-Senders Nova erschienen Artikel wird Kahr gefragt, warum denn Jugoslawien ein Vorbild für sie sei. 

"Ich habe es nicht als Vorbild bezeichnet. Ich habe allerdings in dem erwähnten Interview gesagt, dass Jugoslawien das haltbarste Modell aller sozialistischen Staaten hatte", stellte Kahr fest und ergänzte: "Tito hat sich unter anderem in der blockfreien Bewegung engagiert, die mehr als hundert Länder auf der ganzen Welt zählte, sich für Waffenabrüstung einsetzte - und dazu beitrug, eine Eskalation des Kalten Krieges zu verhindern".

Tito würde aus ihrer Sicht für die "Idee eines Staates, in dem Nationen friedlich zusammenleben", stehen. Sie räumte aber auch ein, dass es in dem jugoslawischen System "natürlich eine Reihe von Mängeln gab, die nicht übersehen werden sollten, will man eine produktive Erforschung dieser historischen Periode haben".

Außergewöhnliche Ressourcen

Gefragt wurde die 60-Jährige auch nach ihrer Meinung, wie denn Europa und der Balkan heute aussehen würde, wenn sich Jugoslawien nicht aufgelöst wäre. Eine genaue Vorstellung habe sie nicht. "Die Länder des Balkans und des ehemaligen Jugoslawiens verfügen über spezielle Fähigkeiten und außergewöhnliche intellektuelle, kulturelle, natürliche und viele andere Ressourcen. Wir können nur vermuten, wo sie in der heutigen Welt stehen würden, wenn sie nicht von den negativen humanitären Folgen der Trennung betroffen wären", sagte Kahr. 

Gefragt nach ihren Erinnerungen, die sie mit dieser Region verbinden, erklärte Kahr: "Viele österreichische Familien haben ihren Sommerurlaub im ehemaligen Jugoslawien verbracht, darunter auch meine Eltern. Später reiste ich mit Freunden dorthin. Ich war in allen Republiken des ehemaligen Jugoslawiens und wurde überall, wo ich hinreiste, herzlich empfangen". Sie habe "viele schöne Erinnerungen an diese Zeit. Ich habe mich schon immer für verschiedene Länder und Kulturen interessiert, nicht nur für den Balkan und Südosteuropa."

Kurz habe Demokratiefundamente untergraben

Abschließend wurde der gebürtigen Grazerin die Frage gestellt, was sie denn über die aktuelle politische Situation in Österreich und den Rücktritt von Sebastian Kurz halte. 

"Die Ereignisse, die in der jüngeren Vergangenheit zum Rücktritt von Sebastian Kurz und anderen geführt haben, untergraben viele der Fundamente, auf denen unsere Demokratie aufgebaut ist", lautete die kurze Antwort Kahrs. 

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