"Töte den Serben!": Wie ein Kinder-Fußballturnier am Balkan eskalierte

Die Kinder aus Split unterstützten ihre Mannschaftskollegen mit ultranationalistischen Gesängen. 
Über ein Kinder-Turnier in Sarajevo redet der ganze Balkan. Am Rande wurde sogar eine Person mit dem Messer verletzt.

Sport verbindet. Er sollte es zumindest tun. Gegenteiliges ist am vergangenen Wochenende in Sarajevo bewiesen worden. Bei einem Fußball-Turnier für Kinder im Alter zwischen sieben und 14 Jahren kam es zu gleich zwei Fällen, die alle zwischen den ex-jugoslawischen Völkern bestehenden Gräben zum Vorschein brachten.  

Der erste Aufreger ereignete sich am Feld bzw. am Parkett der Halle, in der gespielt wurde. Es standen sich zwei Mannschaften - eine aus Kroatien, die andere aus Serbien - mit Buben im Alter von etwa zehn Jahren gegenüber. Während ihre Mannschaftskameraden dem Ball nachjagten, unterstützten sie die Reservespieler von der Ersatzbank aus. Einen Haken hatte die Anfeuerung von der kroatischen Bank aus: Die Kinder riefen einheitlich "Töte, töte den Serben!"

Das Video von Kindern, die ultranationalistische Parolen singen, verbreitete sich erwartungsgemäß in Windeseile im ex-jugoslawischen Raum. 

Klub vom Turnier ausgeladen

Der Vorfall blieb nicht ohne Konsequenzen. Die Veranstalter des Turniers, das in Sarajevos Vorort Ilidža über die Bühne gegangen war, teilten am Sonntag mit, dass der Klub aus Split, dessen Farben die negativ aufgefallenen Kinder tragen, künftig vom Turnier ausgeladen wird. 

Messerattacke

Die giftige Atmosphäre, die beim Turnier spätestens nach dem Vorfall mit den kroatischen Buben entstanden war, hätte in der Nacht sogar menschliche Opfer bringen können. In dem Hotel, in dem mehrere von insgesamt 400 teilnehmenden Mannschaften untergebracht waren, wurden die Eltern von serbischen Buben angegriffen. 

Wie mehrere Eltern im Gespräch mit dem TV-Sender N1 berichteten, hätten in der Nacht 10-15 vermummte Personen die Hotellobby gestürmt. "Die Eltern des FC Zvezdara (eine Mannschaft aus Belgrad, Anm.) hielten eine serbische Fahne in der Hand. Wir wollten damit niemanden provozieren. Plötzlich kam eine Gruppe herein, griff uns mit Tränengas an und wollte die Fahne an sich reißen", schilderte einer der Eltern der jungen Fußballer vom FC Zvezdara die Ereignisse in der Nacht zum Samstag. 

Laut dem Augenzeugen folgten die Eltern den Vermummten nach draußen, wo sie auf eine noch größere Gruppe von Hooligans stießen, die allesamt maskiert und mit Fackeln und Messern ausgestattet waren. Ein Vater wurde bei der Auseinandersetzung mit dem Messer verletzt, zum Glück nur leicht. 

"Nur auf euch Serben haben wir gewartet"

Der Augenzeuge betonte, dass das Turnier mit zahlreichen Mannschaften aus den Nachfolgestaaten Jugoslawiens ansonsten tadellos abgelaufen sei. "Dass fünfzehn Leute das nette Ereignis verderben, ist eine Katastrophe", sagte er gegenüber N1 und ging nochmal auf den Vorfall mit den Hooligans ein. "Sie sagten: 'Nur auf euch Serben haben wir gewartet.' Was auch immer das bedeutet, es ist schlimm für eine Stadt wie Sarajevo. Die Kinder weinten in den Zimmern, wir konnten sie kaum beruhigen. Wir sind für die Kinder, die spielen wollen, hergekommen und nicht, um Zwischenfälle zu verursachen", erklärte ein anderer Vater. 

Trotz der Zwischenfälle wurde das Turnier auch am Sonntag fortgesetzt. Dabei waren auch die Spieler vom FK Zvezdara. Die Vorfälle beim Kinderturnier in Ilidža wurden mittlerweile sowohl von der Stadtführung als auch anderen höheren bosnischen Politikern verurteilt. Die Polizei des Kantons Sarajevo hat zudem erklärt, sie habe zehn Personen festgenommen. Sie werden verdächtigt, den Angriff auf die serbischen Eltern verübt zu haben. Was bleibt, ist ein bitterer Nachgeschmack – und wohl noch tiefere Gräben zwischen den einst verbündeten Völkern. 

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