Bagger fuhr in Serbien in Demonstranten

Bagger fuhr in Serbien in Demonstranten
Tausende Menschen haben sich am Samstag versammelt, um gegen einen ausländischen Bergbaukonzern zu protestieren, der in Serbien Lithium abbauen will.

"Ein Tag, an dem Macht und Gesetzlosigkeit herrschten". So lautet der Name eines am Montagfrüh erschienen Artikels des Portals Danas.rs. Darin lässt man die Ereignisse eines turbulenten Samstags Revue passieren. Diese haben ein ganzes Land in Aufruhr gebracht. 

"Der friedliche Bürgerprotest, der eine Stunde hätte dauern sollen, entwickelte sich zum Widerspruch. Dies geschah dank der Brutalität von Hooligans mit Stöcken und Hämmern, einem Bagger, der in die Demonstranten fuhr - und dem Wegsehen der Polizei, die ihren Bürgern den Schutz verwehrte", heißt es weiter in dem Artikel. Der Grund dafür, dass die Menschen auf die Straßen gingen, ist ein britisch-australischer Bergkonzern, der in Serbien seine Zelte aufgeschlagen hat. Rio Tinto, so der Name des Konzerns, hat vor, in dem Balkan-Land Lithium abzubauen. 

 

Drohende Umweltkatastrophe

2006 hat Rio Tinto im Tal des Flusses Jadar in Westserbien beträchtliche Lithiumvorkommen entdeckt. Der Konzern will 2,4 Milliarden Dollar (2,1 Milliarden Euro) in das Projekt investieren. Anwohner befürchten nicht nur staatliche Enteignungen von Grund und Boden, sondern auch eine Umweltkatastrophe. Umweltschützer kritisieren, dass das "Jadar" genannte Großprojekt die Trinkwasserversorgung in der Region gefährdet und Ackerland zerstört.

Die Bewegung "Kreni-promeni" (frei übersetzt: "Geh los-für Veränderung") versucht andere Serben zu mobilisieren, sich gegen die Investoren zu stemmen. Es ist noch nicht zu spät, das Unheil zu verhindern, betonen sie. Denn das grüne Licht der Behörden zum Deal mit den Investoren steht noch aus. Die Aktivisten riefen deshalb die Leute auf, am Samstag die Straßen für eine Stunde zu blockieren. 

Nicht nur in der Hauptstadt Belgrad, wo man unter anderem die zentrale Brücke und eine große Kreuzung blockte, folgten Demonstrierende dem Aufruf. Auch in anderen serbischen Städten zeigten die Leute ihren Unmut gegen ein neues Enteignungsgesetz, das große Investoren wie eben Rio Tinto begünstigt. "Serbien steht nicht zum Verkauf! Die Vorfälle, die passiert sind, gehen auf das Konto der Polizei. Der Minister kündigte an, die Polizei werde die Bürger daran hindern, gegen die Gesetze, die Eigentumsbeschlagnahme erlauben, aufzubegehren und den Bürgern um jeden Preis die Souveränität zu nehmen", sagte Savo Manojlović von "Kreni-promeni" gegenüber Danas

Anti-Regierungsdemo

Manojlović sah am Samstag abgesehen von Polizisten, die ihre Arbeit vorbildlich verrichteten, auch einige, die Bürger belästigten und Frauen missbrauchten. "In Šabac schlugen paramilitärische Formationen, die aus Kriminellen und Hooligans bestanden, auf Demonstranten ein. In Serbien stehen Drogendealer unter dem Deckmantel der Polizei, im Gegenzug leisten sie für sie Drecksarbeit wie Erpressung, Stimmenkauf, Einschüchterung und, wie wir gestern gesehen haben, unschuldige Demonstranten schlagen", fand Manojlović klare Worte. 

In sozialen Netzwerken tauchte ein Video aus Šabac auf, das die Gemüter besonders erhitzt. Darin zu sehen ist ein Bagger, der in die Menschenmenge fährt. Einem mutigen Demonstranten gelingt es, trotz heftigen Widerstands des filmenden Beifahrers die Kontrolle über das Fahrzeug an sich zu reißen. Trotzdem wird er festgenommen und nicht der Mann, der den Bagger zuerst gelenkt hatte. 

Die Erklärung der Absurdität sollte noch folgen. Denn inzwischen ist bekannt, dass der Baggerfahrer ein bekanntes Mitglied der Serbischen Fortschrittspartei (SNS) ist, der ein gewisser Aleksandar Vučić vorsteht. Es ist aber längst kein Geheimnis mehr, dass die Proteste gegen die ausländischen Investoren zugleich Proteste gegen die Regierung des umstrittenen Präsidenten sind. 

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