"Löscht meinen Account!"
So überlieferten etwa The Huffington Post und Washington Post die wütende Reaktion des serbischen Staatsoberhauptes. "Aleksandar Vučić fordert Twitter heraus: 'Löscht meinen Account!'" lautet der Titel des Artikels.
Vučić scheint wirklich nicht davor zurück zu schrecken, sich mit dem mächtigen Kurznachrichtendienst anzulegen und kündigte bereits an, den Weg eines anderen charismatischen Politikers einschlagen zu wollen. "Ich kann es kaum erwarten, dass sie (Anm.: Twitter) meinen Account löschen, damit ich ein weiterer Trump in dieser Welt werden kann", sagte Vučić am Dienstag. Auf seinem Twitter-Profil, auf dem er etwas mehr als 362.000 Follower hat, schrieb er allerdings nichts.
Zur Erinnerung: Twitter hatte im Jänner des laufenden Jahres den Account des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump gelöscht. Als Grund wurde die Gefahr weiterer Aufstachelung zu Gewalt genannt, nachdem seine Anhänger am 6. Jänner aus Frust wegen der zuvor verlorenen Präsidentschaftswahl das US-Kapitol gestürmt hatten.
Kooperation zwischen Medien und Regierung "ganz normal"
Twitter definiert staatsnahe Medien als "Vertriebsstellen, in denen der Staat durch finanzielle Mittel, direkten oder indirekten politischen Druck und/oder Kontrolle über Produktion und Vertrieb die Kontrolle über redaktionelle Inhalte ausübt".
Vučić äußerte am Dienstag sein Unverständnis darüber, was an der Regierungsnähe der Medien verwerflich sei. "Mit wem sollten sie zusammenarbeiten: Tycoons, Dieben und Kriminellen?", fragte er in einer Stellungnahme und stellte zugleich fest: "Es ist ganz normal, dass sie mit der Regierung kooperieren". Das Twitter-Label sei aus seiner Sicht nichts anderes als "Zensur". Der 51-Jährige gratulierte allen Medien, die ein solches Twitter-Label auf ihren Konten erhalten haben, und erklärte, sie würden "die freiheitsliebenden Ideen verbreiten".
Die Reaktion Vučićs sei wenig überraschend, erklärt Bojan Cvejić von der serbischen Tageszeitung Danas. "Die serbische Regierung versucht jetzt, Twitters Schritt als Zensur darzustellen. Aus meiner Sicht kann von einer Zensur nicht die Rede sein, da die Nachrichten und sonstige Tweets dieser Medien nicht gelöscht oder versteckt werden, sondern lediglich ihre Profile als regierungsnah gekennzeichnet sind. Das ist nicht nur für das heimische Publikum wichtig, sondern auch für diejenigen, die sich auf Twitter über Serbien informieren und mit unserer Medienszene nicht so vertraut sind", sagt Cvejić.
Medienalphabetisierung
"Es ist sicherlich ein guter Schachzug von sozialen Netzwerken, ihren Spielraum zu regulieren, indem sie sich Fake News in den Weg stellen oder bestimmte Medien als regierungsnah kennzeichnen. Dadurch können User, die nicht ausreichend Medienkompetenz haben, auch erkennen, von welchen Accounts aus tatsächlich Propaganda verbreitet wird. Dieser Schritt von Twitter kann sich als sinnvoll für die Medienalphabetisierung des Publikums erweisen", begrüßt Cvejić die Entscheidung des US-Kurznachrichtendienstes.
Auch Facebook habe diese Möglichkeit, allerdings sind die Medien aus Serbien im Gegensatz zu einigen Medien aus anderen Ländern dort noch nicht gekennzeichnet. "Ich möchte daran erinnern, dass Facebook die Nachrichten auch verfolgt und mithilfe von Faktenchecks beurteilt, ob sie gefälscht oder nicht verifiziert sind. Es ist allerdings interessant, dass die Medien aus nur wenigen Ländern, wie Serbien, Russland und China, auf Twitter gekennzeichnet sind. Dennoch hoffen wir, dass dies für alle Länder Praxis wird", erklärt Cvejić.
Die serbischen Medien sind zumindest auf Twitter nicht allein. Auch auf zahlreichen Accounts weltweit - darunter in den USA, China, Frankreich, Russland, Deutschland, Italien, Japan, Saudi-Arabien, Spanien, Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten - sind regierungsnahe Medien dementsprechend versehen worden.
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