Vučić bündelt die Kräfte am Balkan - und kritisiert die EU

Vucic gedachte der Vertreibung der Serben
Der serbische Präsident intensiviert die Zusammenarbeit mit Albanien und Nordmazedonien. Der EU wirft er fehlende Strategien für den Balkan vor.

„Serben, Albaner und Mazedonier sind nicht weniger klug und fleißig als die Franzosen, Deutschen, Italiener und andere, die über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl die EU aufbauten", schrieb Aleksandar Vučić in der Tageszeitung Politika am Sonntag. Der wöchentliche Rückblick des serbischen Präsidenten in dem regierungsnahen Blatt ist quasi eine Pflichtlektüre für seine Anhänger geworden – für seine Gegner hingegen lediglich ein weiteres Schüsschen aus seiner Propagandamaschinerie.

Am vergangenen Sonntag gab es für Vučić guten Grund, sich mit Selbstlob zu überschütten, hatte er doch unter der Woche ein erfolgreiches Meeting mit seinen Nachbarn gehabt. Bei einem regionalen Wirtschaftsforum in der nordmazedonischen Hauptstadt Skopje festigte er die Zusammenarbeit mit den Ministerpräsidenten Nordmazedoniens und Albaniens, Zoran Zaev und Edi Rama. Unterzeichnet wurden drei Vereinbarungen, wovon sich zwei auf den freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen in der Region sowie den freien Zugang von Bürgern der drei Staaten zu den Arbeitsmärkten beziehen. Die dritte Vereinbarung soll größere Zusammenarbeit im Falle von Naturkatastrophen sichern.

Die drei Staaten erhoffen sich dadurch eine bedeutende Steigerung ihrer Bruttosozialprodukte (BIP). Diese werden heuer den Gesamtwert von 76 Milliarden Euro erreichen, was, wie Vučić feststellte, weniger als das derzeitige BIP der Slowakei wäre. Albanien, Serbien und Nordmazedonien haben zusammen knapp 12 Millionen Einwohner, die Slowakei um gut die Hälfte weniger.

Seitenhieb gegen Bosnien und Co.

"Open Balkan", so der Name der Initiative, ist eigentlich ein alter Hut, der nun einen neuen Anstrich bekommen hat. Der "Mini-Schengen-Raum" war bereits im Oktober 2019 ins Leben gerufen worden. Schon damals waren auch Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Kosovo aufgerufen, sich der Initiative anzuschließen, die ihren Bürgern grenzüberschreitendes Reisen in der Region nur mit einem Personaldokument ermöglichen soll. Sie gaben aber Vučić nach langem Zögern einen Korb. 

Am Rande des Treffens in Skopje äußerte der serbische Präsident sein Bedauern darüber, dass "einige in der Region gegen die Initiative des offenen Balkans seien, weil sie in den 1990er Jahren und innerhalb geschlossener Grenzen stecken bleiben möchten". Vučić könne dies nicht nachvollziehen: "Nicht miteinander kooperieren zu wollen... aber das ist ihre Entscheidung, und unsere ist die für Kooperation, Offenheit und Fortschritt. Aber jeder hat das Recht, seine Zukunft selbst zu wählen".

Seitenhieb gegen die EU

In seiner in Politika veröffentlichten Kolumne wies der 51-Jährige daraufhin, dass "dies das erste Mal sei, dass auf dem Balkan etwas Gutes für die gesamte Region auf den Weg gebracht werde". Das in Skopje unterzeichnete Abkommen bewertete er als "historisch", auch "seine Ergebnisse werden historisch sein".

Der sich seit 2014 im höchsten Amt des Landes befindende Politiker konnte sich auch diesmal keinen Seitenhieb gegen die EU ersparen. "Das nicht selten durch interne Interessenskonflikte gestörte Europa will uns nur dann, wenn wir keine Probleme schaffen", schrieb Vučić und kritisierte die Tatsache, dass es keine "völlig klare Strategie Brüssels auf dem Westbalkan, aber auch in anderen europäischen Gebieten, die nicht zur EU gehören" gäbe.

Serbien, Nordmazedonien und Albanien sind seit Jahren EU-Beitrittskandidaten. Während es Serbien seit 2014 gelungen ist, in Gesprächen mit Brüssel 18 von 35 Beitrittskapiteln zu öffnen, wobei seit Ende 2019 keine weiteren Kapitel geöffnet wurden, wurden die Beitrittsgespräche Brüssels mit Tirana und Skopje noch gar nicht aufgenommen. Der Grund liegt in der Blockade Bulgariens im Fall Nordmazedoniens und in Vorbehalten der Niederlande zu Albanien.

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