Aleksandar Dragović: "In dem -ić im Namen suchen viele die Ausrede"
Mit der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft schreibt Aleksandar Dragović derzeit bei der EURO Geschichte. Noch bevor der EM-Wahnsinn begonnen und er sich einen Kindheitstraum erfüllt hatte (Anm.: Dragović unterschrieb einen Vertrag bei seinem Herzensklub Roter Stern Belgrad), fand die langjährige Stütze im ÖFB-Team Zeit, um über seine serbischen Wurzeln, das Aufwachsen in Wien, die Balkanmentalität und die Vorurteile, die diese mit sich bringt, zu plaudern.
Lieber Aleksandar, hätte dieses Gespräch auch auf Serbisch stattfinden können?
Aleksandar Dragović: Mir ist beides Recht. Ich muss aber zugeben, dass ich bei Deutsch auf der sicheren Seite bin.
Wie viele Interviews haben Sie in Ihrer Karriere überhaupt auf Serbisch geführt?
(Schmunzelt kurz) Nicht viele. Immer nur dann, wenn wir gegen Serbien gespielt haben.
Übrigens, diesen Artikel können Sie nun auch auf Bosnisch/Kroatisch/Serbisch lesen:
Ist das nicht etwas komisch – bei so einer großen Anzahl an Menschen mit serbischen Wurzeln hierzulande?
Ich finde grundsätzlich, dass man im Land, in dem man lebt, die Landessprache sprechen sollte – und die ist nun mal Deutsch hier. Natürlich hat hier jeder seinen Background, die kulturelle Vielfalt ist etwas Schönes, man lernt dabei viele tolle Dinge kennen. Dennoch bin ich ein Befürworter dessen, dass jeder die Sprache des Landes, in dem er oder sie lebt, beherrschen sollte.
Wie erklären Sie jemandem, den Sie gerade kennengelernt haben, das KS statt X im Vor-, bzw. das -ić im Familiennamen in Ihrem österreichischen Pass? Wie definieren Sie sich eigentlich?
Die Fußballwelt ist sehr multikulti. Ich bin stolz auf meine serbischen Wurzeln, genauso wie auf meine Heimat Österreich, der ich viel zu verdanken habe. In meiner Brust schlagen zwei Herzen. Ich hatte zum Glück auch niemals Probleme wegen meines Namens, wurde etwa in der Schule nie gemobbt. Leider hatten viele andere mit ähnlichem Background, wie man immer wieder hört, nicht so viel Glück wie ich.
Haben Sie Ihren Namen während der Karriere oder im Privatleben jemals als Hindernis empfunden?
Gar nicht! Ich muss aber auch sagen, dass ich nie Probleme gemacht habe. In Wien leben verschiedene Landsleute, ob aus Serbien, Kroatien, Bosnien oder der Türkei. Jeder hat gewisse Eigenschaften, dennoch sind wir alle Menschen, haben zwei Beine, zwei Hände, einen Kopf und kochen mit Wasser. Man muss sich respektieren und dann klappt das auch schon. Natürlich gibt es überall Störenfriede, aber die darf man nicht beachten. Das habe ich immer so gehalten und hatte daher auch keine Probleme. Ich bin prinzipiell ein Mensch, der mit allen anderen klarkommt.
Haben Sie denn jemals das Gefühl gehabt, dass Sie aufgrund Ihres Backgrounds mehr leisten mussten als ein „Max Mustermann“?
Schwierige Frage. Natürlich haben es gewisse Leute hier schwieriger als ein „Max Mustermann“. Dennoch bin ich ein Mensch, der immer daran glaubt, dass, wenn man hart an einem Ziel arbeitet, man dafür auch belohnt wird. Wenn ein Aleksandar Dragović alles daran setzt, dasselbe Ziel wie Max Mustermann zu erreichen, dann kann er es auch schaffen. Aber natürlich: Gewisse Vorteile gibt’s für einen Max Mustermann schon. Andererseits kenne ich auch viele Beispiele von Menschen, die in dem -ić in ihrem Familiennamen die Ausrede suchen. „Nur weil ich ein IĆ bin, bekomm’ ich diesen Job nicht“, heißt es dann. Ob sie auch alles dafür gegeben haben, diesen Job zu bekommen? Da lügen sich, leider Gottes, viele Menschen selber an. Da glaube ich einfach, dass viele sich selbst gegenüber nicht ehrlich sind.
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