"Manche glauben, hier tun zu dürfen, was in Afghanistan nicht geht"

Afghane
Wie ein junger Afghane, der seit 16 Jahren in Wien lebt, den Mordfall Leonie sieht und was ihn an der Kultur seiner Landsleute stört.

Den Bezug zu dem Land, in dem er vor 22 Jahren auf die Welt gekommen ist, hat er längst verloren. Ali Abdi ist glücklich in Wien, er wünsche sich die österreichische Staatsbürgerschaft, erzählt er. Neben ihm sitzt seine Freundin Celina, eine Wienerin. Sie bestätigt die Worte des jungen Mannes, den sie trotz der Vorurteile, die seine Herkunft mit sich bringt, lieben lernte. 

Ali wurde 1999 in Afghanistan geboren. Als er sechs Jahre alt war, entschloss sich seine Familie, das Heimatland zu verlassen. Zu gefährlich sei damals die Lage gewesen. Wieder mal. 

Nach einer langen Reise mit vielen Umwegen landeten die Abdis in Wien. Hier sind sie seit mittlerweile 16 Jahren zuhause. 

Letztes Jahr wurde der Familie nach 15 Jahren der Asylstatus entzogen, man habe jetzt einen unbefristeten Aufenthaltstitel und damit einen freien Zugang zum Arbeitsmarkt.

Eine Erleichterung sei das gewesen, sagt Ali, der noch eine HTL besucht. Früher habe man zwar auch arbeiten können, doch Arbeitgeber neigen dazu, solche Leute nicht aufzunehmen, da sie nicht wüssten, ob sie nicht doch irgendwann abgeschoben werden. 

Der Unterschied zwischen damals und 2015

Nun droht ein anderes Unheil. Der Mordfall Leonie beschäftigt die afghanische Community in Wien. "Mein älterer Bruder meinte gleich, dass dieser schreckliche Vorfall für uns Afghanen in Österreich ein extremes Problem werden könnte. Und das, obwohl wir hier mittlerweile gut integriert sind", sagt Ali und hofft, dass nun "nicht alle in denselben Topf geworfen werden". 

Mit "alle" meint er sowohl die Menschen, die wie seine Familie vor 15 und mehr Jahren hergekommen waren, als auch diejenigen, die im Zuge der Flüchtlingswelle in Österreich landeten. 

"Es macht schon einen Unterschied, ob sie vor oder nach 2015 hergekommen sind. Man merkt schon, dass die jungen Afghanen, die vor einigen Jahren herkamen, größtenteils gewaltbereit sind", sagt Ali. Menschen, die vor 2015 kamen, seien wie er sagt ziemlich "normale" Menschen, die keinen Stress machen.

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