„Dort bleiben sie im Schnitt 38 Tage, bevor sie in ein Quartier kommen. Es gibt aber auch Fälle, wo es zwei Jahre sind. Ein großes Problem hier ist schon, dass sie in dieser Zeit nur im Asylverfahren rechtlich betreut werden. Eine sonstige Obsorge, wie es sonst Eltern oder Erziehungsberechtigte übernehmen würden, gibt es nicht“, erklärt Lisa Wolfsegger, Expertin für minderjährige Flüchtlinge beim Verein „Asylkoordination Österreich“. Hier liegt die Verantwortung noch beim Bund. Bei der anschließenden Unterbringung ist das Land zuständig.
Meist handelt es sich dabei um NGO-geführte Quartiere. Die Obsorge wird, sofern es keine Verwandten oder sonstige geeigneten Personen gibt, meist erst nach der Zulassung des Asylverfahrens dem zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger, in Wien beispielsweise die MA 11 (Amt für Jugend und Familie), übertragen.
Im Jahr 2020 wurden 1.467 Asylanträge für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gestellt. Die Tagessätze für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge liegen zwischen 40,50 und 95 Euro. „Das ist erheblich niedriger als bei österreichischen Kindern, die in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sind: Hier fängt der Tagessatz bei 120 Euro pro Tag“, so Wolfsegger.
Das geringe Budget schlägt sich laut der Expertin vor allem in weniger Betreuungspersonal nieder. Bis zum 15. Lebensjahr gilt in Österreich die Schulpflicht, bis zum 18. eine Ausbildungspflicht. Von letzterer sind Flüchtlinge aber explizit ausgeschlossen.
Daher ist der Staat auch nicht verpflichtet, Ausbildungsmöglichkeiten für minderjährige Asylwerber anzubieten. „Nach der Schule haben sie kaum noch Optionen. Für eine weiterführende Schule reichen bei vielen die Deutschkenntnisse nicht. Während eines laufenden Asylverfahrens hat man keine Arbeitserlaubnis. Seit 2018 dürfen Asylbewerber auch keine Lehrstellen mehr antreten“, so Wolfsegger. Für die Expertin ist dieser Zustand katastrophal. „Hier hat Österreich ein totales Systemversagen“.
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