Das Wirtshaus: Eine österreichische Institution
In letzter Zeit war der Begriff „Wirtshaussterben“ in aller Munde – folgende Zahlen belegen das: Im Jahre 1986 gab es noch rund 15.000 Wirtshäuser in ganz Österreich, 2023 waren es nur noch 5.600. Mehr als 1300 dieser Wirts- und Gasthäuser, befinden sich in Niederösterreich, wo die Wirtshauskultur Niederösterreich seit 30 Jahren 200 Wirtinnen und Wirten als Verein vertritt.
Doch genug der Fakten – widmen wir uns doch einmal der Frage, was ein Wirtshaus überhaupt ist.
Was ist ein Wirtshaus?
Ein Wirtshaus wird oftmals im gleichen Atemzug mit einem Gasthaus genannt, den Unterschied macht Andreas Döllerer in seinem Buch „Zuhause im Wirtshaus“ klar: Im Wirtshaus hat der Wirt das Sagen. Diese sanfte Diktatur beim Essen und Trinken macht die Unverwechselbarkeit und den Stil aus. Das Wirtshaus ist die Persönlichkeit des Wirten oder der Wirtin, die in vier Wänden unter einem Dach gebaut ist.
Persönlichkeit ist ein gutes Stichwort – denn gerade am Land war oder ist das Wirtshaus die Seele des Dorfes.
Ein familiärer Ort, in dem man nicht nur Essen und Trinken, sondern auch und vor allem gesellig zusammensitzen kann. Ein beliebter Treffpunkt für Stammtische und Kartenspielrunden – zum Beispiel am Sonntag nach der Kirche. Das Wirtshaussterben ist deshalb vor allem auch in Dörfern ein Thema, dem mach nachgehen sollte.
Der Trend des Wirtshaussterbens
Die Zahl der Wirtshäuser ist in den letzten Jahren stark gesunken – 5.600 (2023) im Vergleich zu 15.000 (1986) – Tendenz weiter sinkend. Die Gründe für den Trend des Wirtshaussterbens sind vielfältig:
- Steigende Betriebskosten: Mieten, Lohnkosten und Investitionen für moderne Ausstattung belasten die Wirtshäuser finanziell.
- Sinkende Gästezahlen: Traditionelle Wirtshäuser leiden unter veränderten Essgewohnheiten, da viele Menschen schnellere und günstigere Alternativen bevorzugen, wie Fast-Food-Ketten oder Lieferdienste.
- Gesellschaftliche Veränderungen: Die steigende Landflucht und der Verlust des Bezugs zur Dorfgemeinschaft führen dazu, dass viele Menschen nicht mehr die traditionellen Gasthäuser besuchen.
- Personalprobleme: Die Pensionierung der Babyboomer-Generation und der Mangel an Nachwuchskräften, verstärkt durch die Corona-Pandemie, erschweren die Besetzung von Arbeitsplätzen in Wirtshäusern und führen manchmal sogar zur Schließung, wenn kein Nachfolger gefunden wird.
Familienbetriebe, die nicht übernommen werden: Die Arbeitswoche eines Wirten oder einer Wirtin kann bis zu 70 bis 80 Stunden haben – das bekommen auch die eigenen Kinder zu spüren. Ein weiterer Grund für das Wirtshaussterben ist somit die Tatsache, dass Familienbetriebe nicht von der Nachfolgegeneration übernommen werden.
Doch was kann dagegen getan werden?
Wie kann das Wirtshaussterben vermindert werden?
Um dem Wirtshaussterben entgegenzuwirken, können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden:
- Politische Maßnahmen: Senkung der Betriebskosten durch Steuererleichterungen oder Förderprogramme, sowie Überlegungen zur Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen. Bewährte Ansätze aus Deutschland könnten als Vorbild dienen: Im Laufe der Corona-Pandemie wurde die Steuer in Österreich auf 5% gesenkt, in Deutschland auf 7%. Während diese Steuersenkung bei uns mit dem 31.12.2021 ausgelaufen ist, wurde sie bei unseren deutschen Nachbarn bis Ende 2023 verlängert und soll nun dazu beitragen, dass Wirtshäuser und Restaurants wirtschaftlicher arbeiten können und somit am Markt bestehen bleiben.
- Bewusstseinssteigerung: (Lokale) Kampagnen zur Aufklärung über die kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung von Wirtshäusern, um die Dorfgemeinschaft zum Besuch traditioneller Gasthäuser zu ermutigen.
- Steigerung der Attraktivität: Neue, innovative Konzepte wie die Positionierung als Treffpunkt für die lokale Gemeinschaft durch Veranstaltungen oder die Nutzung als Coworking-Space. Gemeinden könnten leerstehende Wirtshäuser pachten und kostengünstig an Betreiber weitergeben. Zudem könnten Trends wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung genutzt werden, um neue Zielgruppen anzusprechen und die Auslastung zu steigern.
- Sensibilisierung und Werbung: Öffentlichkeitsarbeit und gezielte Werbung für traditionelle Wirtshäuser können das Bewusstsein für ihre Bedeutung in der regionalen Kultur und Wirtschaft stärken und neue Gäste anziehen.
- Fachkräftegewinnung und -bindung: Maßnahmen zur Gewinnung und Bindung von Fachkräften, wie z.B. Aus- und Weiterbildungsprogramme, attraktive Arbeitsbedingungen und Karrieremöglichkeiten, können helfen, dem Personalengpass entgegenzuwirken.
S´Hutwisch: Ein Paradebeispiel für gemeinschaftliche Wirtshauskultur
Ein Projektteam in der steirischen Gemeinde Hochneukirchen-Gschaidt, ist ein Vorreiter für die Entgegenwirkung des Wirtshaussterbens. Um das örtliche Wirtshaus s´Hutwisch zu retten, gründete man eine Genossenschaft unter den Identitätsprinzipien: Selbsthilfe, Selbstverantwortung, Selbstverwaltung, Regionalität und Nachhaltigkeit.
Im konkreten Fall wurde eine Genossenschaft gegründet, um das Wirtshaus durch die finanzielle Beteiligung vieler Menschen zu renovieren und zu unterstützen. Das Ziel ist ein funktionierender Betrieb, der als Treffpunkt für die Gemeinschaft dient und für Veranstaltungen genutzt werden kann. Die Mitglieder bestimmen gemeinsam den Weg und sichern das gastronomische Angebot in Hochneukirchen-Gschaidt.
Auch Privatpersonen können die Initiative unterstützen und Anteile zeichnen:
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim nächsten Wirtshausbesuch!
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