Was tun, wenn das Kind mit einem Fleck nach Hause kommt
Fast jeder fünfte Schüler einer höheren Schule in Wien hat einen Fünfer im Zeugnis. Wenn das Kind heute also mit einem „Fleck“ nach Hause kommt, ist es damit alles andere als ein Einzelfall. Die meisten negativen Noten gibt es im Fach Mathematik – in keinem anderen Fach wird so viel Nachhilfe gegeben. Es folgen die Fächer Englisch und Deutsch.
So ein Fünfer im Zeugnis bringt natürlich Aufregung ins Familienleben. Doch keine Panik, mit der richtigen Strategie klappt der Nachzipf. Der KURIER hat Experten gefragt und die wichtigsten Tipps für Sie zusammengetragen.
Übrigens: Eine Nachprüfung sollten auch jene Schüler machen, die trotz Fünfer eine Aufstiegsklausel erhalten haben – aus zwei Gründen: Zum einen sind sie so gezwungen, den Stoff zu wiederholen. Zum anderen kann ein Fünfer im Folgejahr Folgen haben. Wer nämlich zwei Mal nach einander im gleichen Fach einen Fleck hat, der darf auf keinen Fall die Klasse wiederholen. Und so nebenbei lernt man bei der Vorbereitung für den Nachzipf auch, wie man richtig lernt. Hier fünf Tipps, um dem Fünfer den Garaus zu machen.
Sollen Eltern schimpfen oder trösten?
Eltern reagieren oft emotional auf einen Fünfer ihres Kindes. Da spielen eigene Lernerfahrungen und die Sorge um die Zukunft des Kindes mit. Den größten Stress hat aber das Kind, weiß die Leiterin der Beratungshotline „Rat auf Draht“, Birgit Satke: „Bei uns ist rund um die Zeugnisverteilung immer besonders viel los. Viele Kinder fürchten sich vor der Reaktion ihrer Eltern. Einige trauen sich nicht nach Hause und haben Angst vor Strafen.“
Es ist von Kind zu Kind unterschiedlich, wie viel Druck es braucht, damit es jetzt wirklich lernt. Alle Ferienaktivitäten zu streichen, ist nicht sinnvoll. Die meisten empfinden ihre Nachprüfung ohnehin als Strafe. Sie brauchen die Gewissheit, dass ihre Eltern sie trotz schlechter Noten lieben. Und sie ihre Unterstützung haben, das scheinbar riesige Problem zu lösen.
Professor Youtube
47 Prozent der Schüler nützen YouTube zum Lernen, weil manche Blogger den Stoff besser erklären als Lehrer, die im Sommer selten zu erreichen sind.
Statt Stunden mit der Suche nach passenden Videos zu verbringen, sollte man die Mitschüler um Tipps bitten. Benjamin Hadrigan (17) erklärt in seinem Buch „Lernsieg“, wie er mit Hilfe der digitalen Medien zum Einser-Schüler wurde. Eine seiner Empfehlungen ist die inzwischen preisgekrönte und kostenpflichtige LernApp „The Simple Club“ – nach verschiedenen Fächern aufgeteilt (nach dem deutschen Lehrplan) und konkreten Lernplänen. Online-Nachhilfe von echten Tutoren gibt es auch, etwa auf GoStudent.org. Auf der Plattform lms.at gibt es Aufgaben laut österreichischem Lehrplan – samt Hilfe.
Die Ferien effizient nutzen
„Am Anfang braucht es mindestens drei Wochen Erholung“, sagt Lerntrainerin Hanna Fiedler. Noch vor Ferienbeginn sollte man sich alle Unterlagen von Lehrern und Mitschülern besorgen.
Bevor es losgeht, wird analysiert, wo die Schwächen liegen. Manches muss vielleicht nur wiederholt werden. Manchen reicht die Unterstützung von Eltern oder Mitschülern, andere brauchen professionelle Nachhilfe (in Wien, Baden und Graz bieten Mathematik-Studenten Sommerkurse auch für Leistungsstarke).
Spätestens im August muss die Routine losgehen – am besten den Stoff auf die Lerntage im Kalender verteilen, mit freien Wochenenden und genug Pufferzeit. Zum Schluss wird der Stoff abgetestet und so die Prüfungssituation durchgespielt.
Vier Stunden lernen - aber richtig
Egal, ob der Nachhilfelehrer per YouTube oder als Person ins Haus kommt – an einem kommt der Schüler nicht vorbei: Er muss selbst lernen. Wichtigste Voraussetzung: Ein angenehmer Arbeitsplatz. Kindern ist manchmal der zentrale Esstisch sogar sympathischer als ihr Schreibtisch im Zimmer – mit allen nötigen Büchern, Heften, Schreibutensilien und einem Glas Wasser. Damit hat der Schüler keine Ausrede mehr, warum er sich vom Tisch entfernen muss.
Die Konzentration ist optimal, wenn sich Körper und Geist in der sogenannten mittleren Aktivierung befinden, erklärt Konrad Zimmermann vom Nachhilfeinstitut LernQuadrat: „Der Lernende ist weder müde noch überdreht, sondern leicht angespannt; weder hungrig noch voll, sondern angenehm satt.“ Die optimale Lernzeit sei der Vormittag. Nach etwa 30 Minuten wird eine kurze Pause eingelegt, um neue Kräfte zu sammeln. Fernseher, Handy & Co. sind in dieser Pause tabu, neue Informationen überlagern sonst die gelernten Inhalte. Die tägliche Lernzeit sollte nicht länger als vier Stunden sein.
Abends vor dem Schlafengehen soll der Stoff nochmals wiederholt werden – damit das Gehirn nachts noch weiterarbeitet.
Berufen: Widerspruch einlegen
Die meisten Schüler, die sitzen bleiben, haben es bereits schwarz auf weiß: Sie haben den Bescheid in der Hand, dass sie nicht aufsteigen dürfen. Wer das nicht gerechtfertigt findet, kann dagegen Widerspruch einlegen (früher Berufung). Das muss innerhalb von fünf Tagen nach Ausstellung des Bescheids passieren.
Die größten Chancen hat man, wenn der Lehrer formale Fehler gemacht hat – also etwa den Stoff für die Schularbeit zu spät bekannt gegeben hat.
Weniger erfolgreich sind Argumente wie „der Pädagoge mag mich nicht“ oder „der Unterricht war schlecht“. Häufig kommt es zu einem Gespräch mit den Eltern in der Bildungsdirektion, weil der Berufende Parteiengehör hat: „Dieses sollte man als pädagogisches Beratungsgespräch nutzen, in dem man mit dem Kind die weitere Bildungskarriere bespricht“, rät Michael Sörös von der Bildungsdirektion Wien.
Neun Wochen Ferien
Im KURIER-Interview erklärt Michel Fleck, Direktor der AHS-Anton-Krieger-Gasse über lange Ferien, über die Suche nach einem Schulplatz. Und er verrät, warum er Völkerball ein tolles Spiel findet.
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