Warum Frauen heute öfter von Sex träumen

Einer neuen Studie zufolge träumen vor allem junge Frauen heute viel öfter Erotisches.
Eine neue Studie belegt: Frauen träumen heute häufiger von Sex als noch vor 50 Jahren. Welche Rolle Feminismus dabei spielt.

Träume beschäftigen die Psychologie schon seit Langem. Entsprechend viele Theorien haben sich zu ihrer Entstehung und Bedeutung entwickelt.

So können Trauminhalte etwa als Schlüssel zum Unterbewussten verstanden werden. Andere Experten gehen davon aus, dass unser Gehirn schmerzhafte und emotionale Erinnerungen während des Traumschlafs verarbeitet. Manche Verhaltensforscher sind wiederum der Meinung, Träume hätten keine Funktion oder Bedeutung.

In dieser Hinsicht besonders spannend: Sexträume.

Sexträume bei Alt und Jung

Für eine neue Traumstudie haben Forscher der deutschen Universität Freiburg 2.907 Menschen zwischen 16 und 92 Jahren befragt.

Veröffentlicht wurde die Erhebung im Fachblatt Psychology & Sexuality. Dort ist unter anderem nachzulesen, dass Teilnehmerinnen zwischen 16 und 30 Jahren häufiger von Sex träumen als noch vor 50 Jahren. Demnach hat jeder fünfte Traum von jungen Frauen eine erotische Komponente. In einer ähnlichen Studie aus dem Jahr 1966 gaben noch weniger als vier Prozent der Frauen an, sinnliche Träume zu haben.

Im Schnitt entfielen 18 Prozent aller Träume der Befragten auf sexuelle Inhalte. Jüngere Probanden hatten generell mehr lustvolle Träume als ältere.

Nicht immer lustvoll

Nicht jeder Sextraum ist für den Träumenden automatisch angenehm. Etwa dann, wenn man von sexuellen Erfahrungen mit dem Chef träumt, wie Psychologin Hilda Burke gegenüber dem Magazin Cosmopolitan erklärt. Burke zufolge muss dies auch nicht unbedingt bedeuten, dass wir uns unterbewusst wünschen, mit dem Vorgesetzten intim zu werden.

Es könne auch bedeuten, dass wir beruflich bereit für Neues, zum Beispiel eine Beförderung, sind.

Offener Umgang

Die Wissenschafter rund um den Schlafforscher und Studienleiter Michael Schredl von der Universität Freiburg gehen davon aus, dass der Anstieg der erotischen Träume bei jungen Frauen auf die fortschreitende Gleichberechtigung zurückzuführen ist. Frauen würden heute viel selbstverständlicher und weniger zurückhaltend und schamhaft über erotische Trauminhalten berichten.

Dass jüngere Menschen öfter von Sex träumen als ältere, führen die Forscher darauf zurück, dass Sex für ältere Menschen tendenziell an Bedeutung verliert.

Mark Blagrove, Professor für Psychologie an der britischen Swansea University, warnt im Interview mit dem Guardian unterdessen vor retrospektiven Studien, in denen Probanden von Traumerinnerungen berichten, anstatt regelmäßig Tagebuch darüber zu führen.

In einer Studie der Universität von Montreal aus dem Jahr 2007 mit über 3.500 Traumberichten lag die Häufigkeit erotischer Träume bei Männern und Frauen bei acht Prozent. Frauen hatten eher erotische Träume von gegenwärtigen oder früheren Partnern; Männer träumten eher von mehreren Sexualpartnern.

Kein Abklatsch des Alltags

Dass der neuen Studie zufolge mehr Menschen lustvoll träumen, überrascht Blagrove nicht. "Menschen neigen dazu, von Dingen zu träumen, die für sie emotional sind. Aus diesem Grund könnte man erwarten, dass es mehr erotische Inhalte gibt, als im Leben tatsächlich stattfinden."

Wer im Alltag angespannt oder mit Problemen konfrontiert ist, könnte Blagrove zufolge häufiger von Sex träumen. Ein befriedigendes Sexualleben befördert Sexträume hingehen eher nicht, "weil es dort nichts gibt, das Anlass zur Sorge oder Spannung gibt".

Grundsätzlich seien ohnehin nur 15 Prozent des Geträumten mit dem Erlebten im Alltag in Verbindung zu bringen. In einer Studie der University of Maryland aus dem Jahr 2014 wurde untersucht, wie sich Träume – insbesondere solche über Untreue – auf das Verhalten der Teilnehmer gegenüber ihren Partnern am nächsten Tag auswirken.

Was Blagrove interessant fand, war der Blick auf die Aktivitäten der Teilnehmer am Vortag. "Man konnte nichts finden, was den erotischen Inhalt vorhersagte. Das bedeutet, dass erotische Inhalte keine einfache Eins-zu-Eins-Beziehung zu Ereignissen des Vortags haben."

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