Träume als Trauma-Therapie

Träume als Trauma-Therapie
Wie Ängste im Schlaf bewältigt werden und wie wir sie für unser Leben deuten können.

Ängste können im Schlaf therapiert werden. Forscher von der Northwestern University Feinberg School of Medicine (USA) nutzten die Erinnerungsverarbeitung in der tiefsten Schlafphase, um Menschen von unangenehmen Gefühlen zu befreien. Im KURIER-Gespräch erklärt die Schlafforscherin und Psychiaterin Brigitte Holzinger vom Institut für Bewusstseins- und Traumforschung wie Träume zu deuten und wie Albträume zu bewältigen sind.

KURIER: Wie oft träumen wir und wie oft können wir uns daran erinnern?
Holzinger:
Das kann man nicht ganz zuverlässig beantworten. Wir träumen jede Nacht in einer bestimmten Phase, mindestens fünf Mal pro Nacht. Es kann aber sein, dass man auch in anderen Schlafphasen träumt. Meist wird der Inhalt vergessen. Das ist aber gut so, denn wenn wir alles über den Tag bewusst wahrnehmen würden, wären wir heillos überfordert.

Welchen Sinn haben Träume?
Sie helfen, Erfahrungen, die wir gemacht haben, in den bereits vorhandenen Erfahrungsschatz zu integrieren. Wir lernen. Deshalb träumen wir mehr, wenn wir in einer neuen Umgebung sind – zum Beispiel im Urlaub, weil wir uns an eine neue Situation oder an einen neuen Ort adaptieren. In Krisensituationen hilft uns der Traum damit zurecht zu kommen. Er ist wie eine kleine Psychotherapie, die wir nachts machen.

Verändern sich Träume im Laufe des Lebens?
Kinder träumen viel mehr und haben mehr Albträume. Ich unterstütze die These, dass der Traum zur Entwicklung beiträgt und uns fürs Leben fit macht. Im Alter nehmen Träume ab und kommen nur in Krisenphasen oder in besonderen Situationen verstärkt. Das kann aber auch daran liegen, dass man sonst mit dem Alltag befasst ist. Denn im hohen Alter nehmen Träume oft zu. Vor allem bei jenen, die sich mit ihrem Leben auseinandersetzen.

Wie kann man Träume deuten?
Es ist wichtig, dem Gefühl, das mir das Bild gibt, nachzugehen und zu schauen, was das mit mir zu tun hat. Man darf bei der Traumdeutung nicht nur über die Interpretation des Bildes gehen, da kann man sich schnell verheddern. Versucht man über das Gefühl an den Traum heranzukommen, wird er leichter zu verstehen. Ein Albtraum kann unterschiedliche Gründe haben. Zum Beispiel massiven Stress oder permanente Überforderung. Es kann sein, dass sich der Organismus entlädt. Auch bei Burn-out oder Mobbing können Albträume vorkommen oder bei Menschen, die schwer krank sind.

Albträume können quälend sein, aber können sie auch helfen, Ängste oder Traumata zu bewältigen?
Träume sind da, um solche Dinge zu bewältigen. Jedem gesunden Menschen passiert einmal eine beängstigende Situation. Der Traum hilft, damit umzugehen. Manchmal ist der Stress so groß, dass er sich in einem Albtraum verfestigt und immer wiederkommt, obwohl man das Thema schon verarbeitet hat.

Welche Möglichkeiten gibt es, immer wiederkehrende Albträume loszuwerden?
Da gibt es zwei Methoden: Die eine ist die Image Rehearsal Therapy. Hierbei wird der Traum tagsüber so detailreich wie möglich mit einem positiven Ende visualisiert. Träume sind Nachtfantasien, daher beeinflussen sie sich gegenseitig mit Tagfantasien. Wenn ich eine Angst in der Tagfantasie bewältige, dann wird das in der Nacht auch positiv wirken. Die zweite Möglichkeit der Bewältigung ist luzides Träumen: Hier geht es darum, im Traum zu erkennen, dass man träumt und seiner Angst entgegen tritt.

Wie lässt sich einem Kind mit Albträumen helfen?
Es ist ganz entzückend, den Träumen von Kindern nachzugehen. Wenn ich als Erwachsener Interesse für den Traum und die Fantasie des Kindes zeige, spürt es, dass es mir wichtig ist. Und über das Gespräch kann ich möglicherweise Hilfestellungen geben.

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