Vorurteile im Job: Frau nach Bewerbung als "Schwabbel" beleidigt

Symbolbild
Eine junge Deutsche ließ einem Unternehmen ihre Bewerbung zukommen. Zurück kam eine Beleidigung.

Ein verirrtes E-Mail beschäftigt derzeit Twitter – und zeigt auf, wie verankert Vorurteile im Berufsalltag sind.

"Ich freue mich, dass dieser eine Tweet die Diskussion um Diskriminierung aufleben lässt und nicht vergessen lässt, dass der Empfänger solcher Worte auch nur ein Mensch mit Gefühlen ist", sagt Jasmin über jenen Beitrag, der seit vergangenen Dienstag im Netz weite Kreise zieht.

Als "Schwabbel" bezeichnet

In ihrem Posting hatte die junge Frau geschildert, dass sie als Reaktion auf ein Bewerbungsschreiben, dem auch ein Foto beigefügt war, eine beleidigende Antwort erhielt. "Ich wurde heute Mittag telefonisch um eine Zusendung meiner Bewerbung gebeten. Gesagt, getan. Der MA (Mitarbeiter, Anm. d. Redaktion) wollte diese dann wohl mit diesem netten Kommentar an den GF (Geschäftsführer, Anm. d. Redaktion) schicken. Doof wenn sie bei mir ankommt."

Dazu teilte Jasmin einen Screenshot des Mails. Darauf ist der Kommentar des Mitarbeiters zu lesen: "Habe ich heute Eigeninitiativ (sic!) Kontaktiert (sic!), aber ist wohl n schwabbel (sic!)…"

Darüber, dass sie aufgrund ihres Äußeren intern beleidigt wurde und offenbar im Bewerbungsprozess benachteiligt werden sollte, zeigt sich Jasmin erzürnt. Ihrem Ärger machte sie auf Twitter Luft: "Ja, ich sehe nicht aus wie Heidi Klum. Und? Diese Vorurteile KOTZEN MICH AN!"

Sie könne ihre "Arbeit genauso absolvieren, wie jeder andere". Angesichts der Haltung des Unternehmens gegenüber (potenziellen) Mitarbeitern, sei es zudem nicht verwunderlich, dass "so viele Menschen psychisch krank werden".

Große Resonanz

Binnen kürzester Zeit wurde Jasmins Posting über 1000 Mal geteilt und tausendfach gelikt. In den Kommentaren zum Tweet zeigen sich viele User ebenfalls erbost über den Vorfall. "Solche Leute verdienen keine guten, loyalen Mitarbeiter", ist da etwa zu lesen. Oder auch: "Würde ich anzeigen. So etwas geht nicht."

Doch kann man den (künftigen) Arbeitgeber überhaupt klagen, wenn man aufgrund äußerlicher Merkmale benachteiligt wird? Laut Arbeiterkammer (AK) liegt Diskriminierung vor, wenn eine Person aufgrund "ihres Geschlechts, der Zu­ge­hörig­keit zu einer ethnischen Gruppe, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihres Alters oder ihrer sexuellen Orientierung in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Be­hand­lung erfährt als eine andere Person".

Rechtsgrundlage fehlt

"In der Privatwirtschaft schützt dieses Gleichbehandlungsgesetz Frauen und Männer vor Diskriminierung. Es erfasst auch den Zugang zum Job, also etwa das Bewerbungsverfahren", erklärt Bianca Schrittwieser, Expertin für das Gleichbehandlungsrecht in der Abteilung Frauen und Familien der AK Wien, im Interview mit dem KURIER. "In diesem Gesetz ist genau geregelt, aus welchen Gründen man nicht benachteiligt werden darf. Etwa aufgrund des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit. Letzteres erfasst auch die Hautfarbe einer Person, also ein äußeres Merkmal."

Das äußere Erscheinungsbild per se sei im Gesetz nicht erfasst. "In besagtem Fall wäre es also wohl schwer, gegen das Unternehmen vorzugehen, weil die Rechtsgrundlage fehlt."

Denkbar wäre laut Schrittwieser, die Schleife zum Geschlecht zu ziehen – "sprich, dass bei Frauen im Berufsalltag ein anderes Aussehen vorausgesetzt wird als bei Männern. Da hat man theoretisch aber wohl in einem aufrechten Arbeitsverhältnis die besseren Chancen, weil es sonst schwierig sein wird, das nachzuweisen."

"Ich bin wirklich überwältigt"

Von der Welle an Reaktionen zeigt sich Jasmin gegenüber dem KURIER jedenfalls überwältigt: "Ich hätte nie gedacht, dass dieser kleine Tweet so eine riesige Welle an Rückmeldung und Liebe mit sich bringt. (...) Ich bin wirklich überwältigt von den ganzen positiven Feedback und die aufbauenden Worte."

Den Namen der Firma möchte Jasmin nicht öffentlich machen. Unterkriegen lässt sich die bei Aachen wohnende Frau jedenfalls nicht: "Ich habe eine freundliche Absage an den Geschäftsführer geschickt, natürlich mit der Mail im Anhang. Wie die das jetzt intern klären, müssen sie selber wissen", sagt sie. Auf eine Entschuldigung hoffe sie nicht: "Gott sei Dank habe ich mit diesem Menschen ja sonst nichts weiter zu tun."

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