Wie Frauen diskriminiert werden

Im Job wird oft die Frage nach dem Kinderwunsch gestellt.
Mehr Sexualdelikte, mehr Beschwerden wegen sexistischer Werbung und Ungleichbehandlung im Job.

Eine Fleischerei in Vorarlberg wirbt auf ihrem Lieferwagen mit einer halbnackten Frau – einfach so. HTL-Schüler, die berechnen sollen, aus welcher Entfernung ein Student "den größtmöglichen Blickwinkel" auf die Beine (soweit diese aus dem Rock hervorschauen) jener Frau hat, die vor ihm geht. Und Frauen, die nach der Hochzeit am Arbeitsplatz mit der Kündigung rechnen müssen, weil sie theoretisch schwanger werden könnten: Sexismus (Diskriminierung aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit) ist auch im Jahr 2017 noch immer ein Thema. Ein umfassender Bericht über Sexismus in Österreich (wie es ihn beispielsweise für Rassismus gibt) fehlt. Nur vereinzelt erheben Organisationen, Verbände und Kommissionen Daten zum Thema Diskriminierung von Frauen. Und das auch nicht jährlich.

Gleichbehandlung

Der aktuellste Bericht der Gleichbehandlungskommission (angesiedelt im Frauenministerium; Empfehlungen sind nicht rechtlich bindend) behandelt Vorfälle aus dem Jahr 2014/’15. Damals wurden 213 Anträge wegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Senat 1 (zuständig für die Privatwirtschaft) gestellt. "Es geht noch immer oft um ungleiche Bezahlung bei gleicher Leistung von Männern und Frauen", sagt Senatsvorsitzende Eva Matt. "Und was mich immer wieder erstaunt, ist die Aufstiegsdiskriminierung", sagt Matt. Noch immer komme es vor, dass "langjährige, gut dienende Abteilungsleiter-Stellvertreterinnen" bei der Neu-Besetzung des Chef-Postens nicht berücksichtigt werden. Ihnen werde dann ein "junger, dynamischer Mann hingeknallt, den die Frauen vorher angelernt haben", sagt Matt. Und auch noch immer werden Frauen vor dem Job-Beginn gefragt, ob sie vorhaben, demnächst schwanger zu werden (siehe Bericht unten).

Sexuelle Belästigung

In der Kriminalitätsstatistik der Polizei ist ein Anstieg bei den Sexualdelikten festzustellen, und zwar um 56 Prozent. 2015 gab es 1228 Anzeigen zu Paragraf 218 des Strafgesetzbuches (sexuelle Belästigung und öffentliche sexuelle Handlungen), 2016 waren es 1918. Grund dafür ist die Verschärfung des Gesetzes.

Konkret wurde dies um Absatz 1a erweitert: Demzufolge ist nun auch zu bestrafen, "wer eine andere Person durch eine intensive Berührung einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle in ihrer Würde verletzt". Das heißt, auch Po-Grapschen ist jetzt eine strafbare Handlung.

Das Gesetz hat auch bereits Wirkung gezeigt: Laut Justizministerium waren die Staatsanwaltschaften 2016 in 1534 Fällen von sexueller Belästigung involviert. 2015 waren es 1106 Fälle. In 449 der 1534 Fälle kam es zu Anklagen (2015 waren es 241) und 152-mal auch zu einer Verurteilung (2015 waren es 109).

Aktuelle Zahlen, wie viele Frauen in Österreich Opfer von sexueller Gewalt oder Belästigung wurden, gibt es nicht. Zuletzt erhob das das Österreichische Institut für Familienforschung im Jahr 2011: Damals gaben 74 Prozent der befragten Frauen an, schon einmal Opfer von sexueller Belästigung geworden zu sein. Knapp ein Drittel der 1292 befragten Frauen wurden Opfer von sexueller Gewalt.

Sexistische Werbung

Der Werberat verzeichnete 2016 einen Anstieg an Beschwerden zu geschlechterdiskriminierende Werbung. 2015 wurden 88 Beschwerden gezählt, 2016 waren es 177. Grund für den Anstieg war unter anderem die Werbung von "Bet-at-home" zur Fußall-Europameisterschaft: Auf großflächigen Plakaten wurde dem Passanten der Blick durch ein Fernrohr suggeriert. Zu sehen bekam man eine nackte Frau von hinten.

In sieben Fällen stoppte der Werberat geschlechterdiskriminierende Werbung. 2015 mussten 16 Werbungen gestoppt werden: "Es liegt der Schluss nahe, dass Unternehmen sensibel mit dem Thema Geschlechterdiskriminierung umgehen", sagt Andrea Stoidl, Geschäftsführerin des Werberates. Sexistische Werbung sei kaum mehr ein Thema bei großen Unternehmen, sondern eher bei kleineren und mittleren Betrieben, die nicht riesige Marketing-Abteilungen zur Verfügung stehen haben.

Welche Anfragen bekommt die Gleichbehandlungsanwaltschaft am öftesten?
Wir bekommen pro Jahr zwischen 3500 und 4000 allgemeine Anfragen zum Thema Diskriminierung. Die meisten betreffen Diskriminierung nach dem Geschlecht, vor allem in der Arbeitswelt. 2016 ging es in 250 Fällen um sexuelle Belästigung.

Hat sich der Inhalt der Anfragen im Laufe der Jahre verändert oder geht es oft um die gleichen Themen?
Sexuelle Belästigung ist ein Dauerbrenner. Eine Diskriminierung wegen ungleichen Entgelts hält eine Frau vielleicht aus, aber sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz nicht. Seit 2016 ist auch das Thema Schwangerschaft wieder da.

Inwiefern?
Noch immer werden Frauen bei Begründung eines Arbeitsverhältnisses nach einer potenziellen Schwangerschaft gefragt. Wir hatten auch den Fall, wo eine Frau aufgrund dessen vom Arbeitgeber gekündigt wurde. Das ist ganz klar eine verbotene Diskriminierung. Ich dachte, das hätten wir schon in den 1990er-Jahren hinter uns gelassen.

Kommentare