Genderdebatte: Von Gästinnen und Bösewichtinnen

Die Aufregung war groß, als das Wort Bösewichtin vor einem Jahr in den deutschen Duden fand
Geschlechtergerechtes Formulieren kann mit wenig Aufwand funktionieren. Was nicht heißt, dass sich keiner darüber aufregt. Etwa beim ORF-Kundendienst.

Die deutsche Germanistin Kathrin Kunkel-Razum, Chefin des deutschen Duden, hätte bis vor Kurzem nicht damit gerechnet, dass sie dermaßen mediales Aufsehen erregen würde. Doch die Aufregung war groß, als das Wort Bösewichtin vor einem Jahr in den deutschen Duden fand und das generische Maskulinum verabschiedet wurde – Frauen sind jetzt nicht mehr nur mitgemeint, ein Mieter, ein Politiker oder ein Lehrer ist nun ausschließlich eine männliche Person.

„In den sozialen Netzwerken, via eMail und Post gab und gibt es – neben viel Zuspruch – auch sehr abwertende und persönlich beleidigende Zuschriften“, sagte Kunkel-Razum damals zum KURIER. Gendergerechte Sprache polarisiere, weil sie sprachliche Gewohnheiten infrage stelle – was einige tief treffe. Auch, als ORF-Moderator Tarek Leitner begann, das Binnen-I in der „Zeit im Bild“ auszusprechen, verstanden etliche Zuschauer die Welt nicht mehr. Der Kundendienst hatte viel zu tun. Mittlerweile verwenden viele Sprecher und Moderatorinnen den sogenannten „stimmlosen glottalen Plosiv“, einen kurzen Kehllaut, der entsteht, wenn das Binnen-I mitgesprochen wird. Mittlerweile hat sich die Aufregung gelegt. Was nicht heißt, dass die Sache insgesamt erledigt wäre. Mitte 2018 gab der deutsche Rechtschreibrat, eine Art Regulierungskörper der amtlichen Rechtschreibung, eine Stellungnahme zur geschlechtergerechten Schreibung ab. Titel: „Herausforderung noch ohne Lösung.“

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