Tag der Jugend: Was redet dieses Kind bloß?

Talk to my Hand: Was tun, wenn der Nachwuchs auf stumm schaltet?
Von Chayas bis Bratans: Die Jugendsprache gibt Eltern oft Rätsel auf, ist aber nicht der Hauptgrund für Kommunikationsprobleme.

 Ein Appler erkennt in einer Chaya wahres girlfriend-material und zuckerbergt sie. Sein Bratan findet das ziemlich cringe.

Wer jetzt kein Wort verstanden hat, darf beruhigt sein. Diese Sätze sind Verschriftlichung der heutigen Jugendsprache. Die ist oft irritierend oder sogar unverständlich für Erwachsene.

"Bratan", "triggern" oder "Lack gsoffen": Auch viele Eltern können der Sprache ihrer Kinder häufig nicht mehr folgen. Die Psychologin Ines Sindelar sieht die Jugendsprache als prinzipiell positives Phänomen: "Generell ist Jugendsprache für die Jugendlichen ein wichtiger Schritt, um sich von der Elterngeneration abzugrenzen." Problematisch sei nur, wenn Kinder durch Medien, Songtexte oder Computerspiele Zugang zu Wörtern hätten, die für ihr Alter überhaupt nicht geeignet wären. "Ich beobachte mit Sorge, dass es bei den Jugendlichen gerade ‚in‘ scheint, mit Kraftausdrücken um sich zu werfen." So würden schon viele Kinder im Volksschulalter sehr starke Schimpfwörter verwenden.

In der Eltern-Kind-Beziehung werden Kraftausdrücke zum Problem, wenn sie für die Jugendlichen normal sind. Erwachsene können dann eine Phrase oder ein Wort als starke Beleidigung sehen. Christina Kern ist Fachkraft für Elternarbeit und Pädagogik im SOS-Kinderdorf. Die Kinder und Jugendschutz-Organisation thematisiert zum heutigen Tag der Jugend die Probleme rund um die Kommunikation von Eltern und ihrem Nachwuchs und weiß um das Problem: "Diese Herausforderung kennen viele Eltern. Jugendkultur verändert sich ständig und damit auch die Sprache. Bedeutungen wandeln sich. Die Eltern haben in ihrer Jugend auch anders gesprochen als ihre Eltern." Trotzdem seien sie über die ungewohnte Sprache der Jungen immer wieder überrascht. "‚Oida‘ ist für Jugendliche oft nur ein Füllwort, während es für manche Erwachsene respektlos klingt."

Vorbild bleiben

"Trotz der ungewohnten Sprachweise sollte dem Kind aber auch zu Hause der erforderliche sprachliche Platz eingeräumt werden", erklärt Kern. Kinder könnten nämlich häufig nur in ihren eigenen Worten frei und ungezwungen mitteilen, was sie bewegt. Allerdings sollten Eltern nicht versuchen, Jugendsprache zu imitieren. "Bleiben Sie ein erwachsenes Vorbild, und leben Sie respektvolle Sprache und Umgangsformen vor."

Dieser Meinung ist auch Psychologin Ines Sindelar: "Die Eltern von heute wollen es besser machen und versuchen neue Erziehungswege einzuschlagen." Das münde häufig in einen sehr freien Erziehungsstil. "Die Gefahr bei dieser Form der Erziehung ist, dass die Eltern ihre Autorität verlieren." Es würden dem Nachwuchs keine Grenzen mehr gesetzt, statt Aufforderungen formulieren Eltern oft Fragen. Nur könne man einem Kind nicht zumuten, dieselben Entscheidungen wie ein Erwachsener zu treffen oder dieselbe Verantwortung zu übernehmen. "Kinder können dann nicht zu ihren Eltern aufschauen und lassen sich so zunehmend keine Grenzen mehr setzen, auch sprachlich nicht", erzählt die Psychologin.

Ehrlich sein

Eine weitere Folge dieser schiefen Kommunikationshierarchie sei, dass Kinder mangels Vertrauen nicht mehr mit Eltern über ihre Probleme sprechen würden. "Deshalb sollten sich Eltern über den eigenen Kommunikationsstil klarwerden", rät Sindelar. Sie sollten aufmerksam sein und die Gefühle ihrer Kinder ernstnehmen. Im Gespräch müssten die eigenen Gedanken und Gefühle ehrlich geäußert und keine Floskeln verwendet werden. "Beispielsweise sollten Eltern in Bezug auf schlechte schulische Leistungen nie sagen, dass sich das Kind in der Schule mehr anstrengen muss." Stattdessen dem Kind mitteilen, wie wichtig einem die Zukunftschancen des Nachwuchses sind.

"Allgemein muss man aber sagen, dass diese Elterngeneration mit ihren Kindern nicht schlechter kommuniziert als die Vorgeneration", so Ines Sindelar. Nur die Probleme hätten sich verschoben. Neue Technologien wirken sich auf die Lebensumwelt aus. "Die Jugend ist über Social Media extrem vernetzt, auch die Eltern selbst sind auf allen möglichen Plattformen unterwegs." Gemeinsame Eltern-Kind-Zeit gebe es in vielen Familien erst am Abend, da beginne aber auch die Freizeit von Mama und Papa.

"Es liegt an den Eltern, darauf zu achten, dass in der Familie wirklich kommuniziert wird", rät Sindelar. Wenn allerdings keine Kommunikation ohne Streit, Beschimpfungen und Beleidigungen mehr möglich ist, sollte man über fremde Hilfe nachdenken. Kinder- und Jugendpsychologen seien die richtigen Ansprechpartner.

Die ersten Sätze bedeuten in "Erwachsenensprache" übrigens: Ein Angeber erkennt in einem Mädchen seine Traumfrau und stalkt sie. Sein Kumpel findet das ziemlich schräg.

Der Internationale Tag der Jugend findet jährlich am 12. August statt. Er soll an die Bedeutung der Jugend als Lebensphase erinnern.

In Österreich war der Tag zuerst auf den 27. Mai datiert. Im Jahr 1999 wurde der 12. August von der Generalversammlung der Vereinten Nationen  offiziell zum Tag der Jugend erklärt. Im Vordergrund stehen Jugendliche im Alter von 13 bis 21 Jahren mit ihren Bedürfnissen. Zu diesem Anlass finden oft Aktionen für Jugendliche statt, die teils selbst bei der Organisation helfen oder diese eigenständig umsetzen.

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