Schwirr ab! So vertreiben Sie Gelsen aus Ihrem Garten

Noch merkt man nichts von einer Gelsen-Invasion.
Regentonnen-Tablette, UV-Falle, Zitruskerze: Mittel gegen Gelsen gibt es viele. Doch was hält sie im Freien verlässlich fern?

Gutes Essen, entspannte Gesellschaft, ein erfrischendes Kaltgetränk in der Hand: Laue Sommerabende laden zum Genießen ein – doch die sirrenden Störenfriede lauern unweit. Gelsen sind zweifellos eine der lästigsten Begleiterscheinungen des Sommers. Besonders dann, wenn man die warmen Temperaturen im Garten oder am Balkon auskosten möchte.

Um dort nicht von blutsaugenden Schwärmen heimgesucht zu werden, "muss man zuerst einmal verstehen, wie die Tierchen ticken", erklärt Ökologe und Gelsenforscher Bernhard Seidel. "Grün- und Freiflächen für Mücken möglichst ungemütlich zu gestalten, gehört da auf jeden Fall dazu."

Natürlicher Schutz

Duftpelargonien, Zitronenmelisse, Katzenminze, Rosmarin und Lavendel verströmen Duftstoffe, die den Insekten nicht behagen. "Das vertreibt sie nicht ganz, hat aber eine abschreckende Wirkung", sagt Seidel.

Auch um Paradeiserstauden und andere Nachtschattengewächse machen Gelsen einen großen Bogen, weiß Hans-Peter Führer vom Institut für Parasitologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Einen Walnussbaum in der Nähe der Regentonne zu pflanzen, hält Gelsen ebenfalls auf Abstand.

Apropos Regentonne. In offenen Auffanggefäßen brüten Gelsen bekanntlich am liebsten: "Viele Menschen züchten sich Stechmücken im Garten so großteils selber heran", sagt Führer. Um dem vorzubeugen, empfiehlt er, diese abzudecken. Mit feinmaschigen Fliegennetzen, Folien oder einem passenden Deckel. Entdeckt man Larven im Wasser, muss die Tonne ausgeschüttet werden. Selbiges gilt für Blumenuntersetzer, Gießkannen und Planschbecken. Auch die Regenrinne sollte geputzt werden, "damit sich darin kein Wasser sammelt".

Alternativ kann man mit Tabletten ein Bakterium (Bacillus thuringiensis israelensis) in das Tonnenwasser einbringen. Das bewirkt, dass sich die Larven nicht entwickeln können und absterben. "Im Garten kann man das ohne Bedenken einsetzen", sagt Führer. Von anderen Produkten rät er ab, "wenn man deren Inhaltsstoffe und Wirkungsweise nicht genau kennt".

Und was tun, wenn man einen Teich im Garten hat? "Wenn ein Folien- oder Naturteich ein funktionierendes Ökosystem ist, also mit genug Pflanzen ausgestattet ist und die Tierwelt nicht durch chemische Algenbekämpfungsmittel oder ähnliches beeinträchtigt wird, löst sich das Problem von alleine", sagt Lukas Hader, Geschäftsführer des oberösterreichischen Unternehmens Multikraft. Der Kreislauf der Natur sorge in den meisten Fällen dafür, dass die Gelsenlarven von Wasserorganismen aufgefressen werden. "Das variiert aber von Jahr zu Jahr."

UV-Licht bis Ultraschall

Die Industrie hat die Bedürfnisse gelsengeplagter Menschen längst erkannt. Und wartet mit allerlei (mitunter kostspieligen) Gegenmaßnahmen auf. Nicht alle sind erfolgversprechend.

Gelsenkerzen und abbrennbare Spiralen wirken etwa nur bedingt – "vor allem an den weiter entfernten Füßen und Beinen bringen sie praktisch nichts", weiß Seidel. Damit Stechmücken nicht direkt an die Haut gelangen, muss ohnehin Anti-Gelsen-Spray aufgetragen oder lange Kleidung angezogen werden.

Mücken mit Insektenspray für den Haushalt einzusprühen, ist keine gute Idee. Viele dieser Sprays sind auch für den Menschen ungesund. Werden sie eingeatmet, kann das Augen, Haut und Atemwege reizen.

Tischgeräte, die mit Ultraschall oder verdampfbaren Wirkstoffplättchen Schutz im Freien versprechen, sieht Führer skeptisch. Auch Smartphone-Apps, die Gelsen mit hochfrequenten Tönen vertreiben sollen, hält er für wenig wirkungsvoll. Stechmückenfallen, die Gelsen mit Kohlendioxid anlocken, sollten mit Bedacht aufgestellt werden: "Also nur im Außenbereich und auf keinen Fall in der Nähe von Sitzgelegenheiten", erklärt der Parasitologe.

Elektrische Fallen, die Insekten durch UV-Licht anlocken und töten, sind Geldverschwendung: "Stechmücken werden von UV-Licht weniger angelockt als andere Insekten, deshalb bringen diese Fallen bei Moskitos nicht viel."

Wer trotz aller Vorsichtsmaßnahmen gestochen wird, sollte vor allem eins tun: nicht kratzen. Die wunde Hautstelle kann sich entzünden – man verschärft also das Übel.

Eine aufgeschnittene Zwiebel oder Kartoffel, essigsaure Tonerde, Franzbranntwein sowie entzündungshemmende und juckreizstillende Gele, Salben oder Stifte können rasch helfen.

Der Versuch hatte etwas von Folter: Ein Y-förmiges-Rohr, ein Schwarm hungriger Mücken, die darin eingesperrt auf Beute warteten – und zwei Versuchspersonen, die am oberen Ende des Y je eine Hand in den Hohlraum stecken. Im Dienste der Forschung, versteht sich. Als britische Forscher 2015 die Ergebnisse ihres Experiments veröffentlichten, war es ein Durchbruch: Sie hatten jene genetische Komponente des Körpergeruchs identifiziert, die Stechmücken lieben.

So viel wusste man bereits: Menschen der Blutgruppe 0 werden bevorzugt ausgewählt, Schwangere und Personen mit höherer Körpertemperatur genauso. Einige Glückliche scheinen dagegen eine natürliche Abwehr gegen Blutsauger zu haben. Wer, das wollten die Forscher herausfinden.

Als Versuchskaninchen wählten sie 18 eineiige und 19 zweieiige Zwillingspaare. Pro Person wurden 20 Gelsen freigesetzt, die an der Weggabelung der Y-Röhre die Wahl hatten, welchen Geruch sie anfliegen. Ergebnis: Eineiige Zwillinge (sie haben dieselben Gene) werden gleich oft gestochen. Zweieiige nicht.

300 Stoffe

Zoologe John Pickett versuchte seit Jahren, die mückenaffinen Gene auszumachen. Dafür steckte er Versuchsteilnehmer, die sich als unattraktiv für Mücken erwiesen hatten, bis zum Kinn in einen Plastiksack, um ihren Schweiß zu sammeln. Das Gemisch aus bis zu 300 verschiedenen Stoffen wurde mit einem Gas-Chromatografen in seine Einzelsubstanzen aufgetrennt. An jeder ließen die Wissenschafter Mücken schnüffeln, die sie mit Elektroden verbunden hatten. Das Signal war umso stärker, je begieriger die Insekten auf einen Duft reagierten.

Pickett aber interessierte jene Substanz, vor der es den Mücken graute. Die hat er in den schottischen Highlands an seinen nackten Armen getestet.  Die Blutsauger dort können einen Menschen in einer Stunde 40.000-mal stechen. Einen seiner Arme rieb Pickett mit Alkohol ein, den anderen mit der Anti-Mücken-Substanz. "Der ungeschützte Arm war nach kurzer Zeit von Stichen übersät", berichtete Pickett. "In den geschützten Arm hat keine einzige Mücke gestochen."

Und hofft, dass wir in Zukunft eine Pille nehmen werden, die die Produktion von natürlichem Mückenschutzmittel im Körper anregt und Körperlotionen unnötig macht. Doch das ist Zukunftsmusik.

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