In Ungarns Osten: Viel Himmel, viel Wein

In Ungarns Osten: Viel Himmel, viel Wein
Politisch bleibt Ungarn bei Orbán – touristisch bei friedlichen Landschaften mit endlosem Himmelsblau, gut gedeckten Tischen und Geschichte, die viel mit Österreich zu tun hat

Richtig!, Stierblut hieß das Zeug doch damals schon: Als der Balaton in Österreich noch unter Plattensee lief und das seltsame politische System beim Landesnachbarn unter Gulaschkommunismus. Es gab davon überreichlich zu kaufen und zu trinken, und es war wie so vieles in Ungarn damals billig und von zweifelhafter Qualität. Das Stierblut, das gerade der Restaurantchef wortreich im Macok, einem stylischen Lokal in der Altstadt von Eger, vorstellt, hat damit nur mehr den Namen gemeinsam. Es ist ein eleganter Rotwein, der zum Repertoire der besten Winzer der Region gehört. Dann gibt es auch noch einen Weißwein namens „Stern von Eger“, der inzwischen als Markenzeichen dieses Barockstädtchens gilt, und und und...

Reisen nach Ungarn haben immer etwas mit einem Wiedersehen zu tun: Mit je nach Alter unterschiedlichen Erinnerungen an längst vergangene Urlaube in einem längst vergangenen Ungarn, mit vielen vertrauten Landschaften, Speisen, Gewohnheiten, mit einer Geschichte, die man in Ungarn doch etwas anders erzählt.

In Ungarns Osten: Viel Himmel, viel Wein

Die Habsburger, die sind hier gar nicht so beliebt, wie Österreicher sich das gerne einbilden. Und dieser Missmut über die Herrscher von damals kann einem hier überraschend begegnen. Auf einem Rundgang durch Egers mittelalterliche Burganlage etwa, bei dem dem Stadtführer ein Satz über „diese Habsburger, die Ungarn immer gehasst haben“, herausrutscht. Als der bemerkt, dass er eine österreichische Reisegruppe vor sich hat, gibt es einen Moment des peinlichen Schweigens, der sich in einem freundschaftlichen Schmunzeln auflöst. Es geht ja doch nur um Geschichte, und da muss man ja mit dem „Schwager“ – so heißen Österreicher hier in Ungarn – nicht immer einer Meinung sein.

In Ungarns Osten: Viel Himmel, viel Wein

Es ist wie immer bei der Verwandtschaft, man ist einander vertraut, nicht immer grün – und wenn man sich länger nicht gesehen hat, ist man überrascht, was doch aus dem anderen geworden ist. So fühlt sich ein Besuch in Ungarn an. Umso mehr, wenn man sich in den Osten vorwagt, der nicht schon immer – wie der Balaton eben – eine Badewanne der Österreicher war.

In traditionellen Weinbauregionen wie dem Tokaj hat man eine Kultur eleganter Gastlichkeit entwickelt, die sich auch vor der Wachau oder der Südsteiermark nicht verstecken muss. Ob man sich in ein Schlosshotel wie das Palota in Lillafüred verirrt oder in ein Boutique-Hotel wie das Andrassy mitten in der Tokaj-Region: Die Ungarn haben aus ihrer Liebe für gut gedeckte Tische – über die sie selbst Witze machen – bemerkenswerte Kulinarik für ihre Gäste gemacht. Dazu gibt es ein Angebot an Ausflügen, Sport und Besichtigungstouren, die auch Urlaubern, die nicht nur gerne bei Tisch sitzen, jede Menge Unterhaltung bietet. Praktisch betrachtet, ist das alles noch immer günstiger als in Österreich.

Gulasch draußen aus dem Kessel

In Ungarns Osten: Viel Himmel, viel Wein

Das Fremde im scheinbar Vertrauten findet man in Ungarn oft erst auf den zweiten Blick. Für die Grassteppe der Puszta, die sich oft bis zum Horizont erstreckt, muss man sich Zeit nehmen. Am besten man entdeckt sie zu Fuß oder – ganz im Geiste dieser Landschaft – auf einem Pferd. Wenn dann ein Schwarm von Wildgänsen über den endlosen Himmel zieht, erfasst man die Weite dieser Ebene und die Endlosigkeit des Himmelsblau darüber. Dass das Gulasch in der Csarda abends, auf der Terrasse, in einem gusseisernen Kessel über offenem Feuer kocht, vermittelt das Gefühl, nur ein paar Stunden von zu Hause entfernt und doch in der Fremde zu sein.

Ungarn lässt sich nicht nur entspannt genießen, sondern auch entdecken. Schließlich stehen im Barockstädtchen Eger keine osmanischen Moscheen, so wie im südungarischen Pecs. Und auch wenn man mit den Habsburgern hier oft nicht einverstanden ist, über die Sisi lässt man nichts kommen. Gödöllö, das einstige Lieblingsschloss der Kaiserin bei Budapest, gehört ihr ganz allein. Der Ferenc-Jozsef, wie man ihn hier nennt, ist hier sogar auf den kitschigen Kaffeehäferln eine Randerscheinung.

In Ungarns Osten: Viel Himmel, viel Wein

Kommentare