Die Retter des Lebensmittelmülls

Markthelden kämpft gegen Lebensmittelverschwendung.
In Österreich landen jährlich rund 760.000 Tonnen Lebensmittel im Müll. Viel zu viel, fanden vier Österreicher und gründeten das Start-up Markthelden.

Seit Ende September bekommen Lebensmittel in Österreich eine zweite Chance. Möglich macht das ein Start-up namens Markthelden. Das vierköpfige Team verfolgt dabei das ambitionierte Ziel, den Handel mit Lebensmittelrestposten zu revolutionieren und einen aktiven Beitrag zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen zu leisten.

Drei der vier Gründer kommen aus der Lebensmittelindustrie. Im Laufe der Zeit drängte sich die Problematik der Überproduktion und des daraus resultierenden Überschusses an Lebensmitteln quasi auf. "Wir haben uns gedacht, dass es in Zeiten der Digitalisierung doch möglich sein muss, diese Überschussware, die vollkommen in Ordnung ist, dem Kunden zu günstigeren Preisen direkt zugänglich zu machen", so Robert Riedmüller, Mitgründer und Geschäftsführer. Das Problem auf der Herstellerseite sollte gelöst werden, indem das Ganze für den Endkunden geöffnet wird.

Eine zweite Chance für Lebensmittel

Die Retter des Lebensmittelmülls
Obwohl das Start-up auf der Produktionsseite ansetzt, ist den Gründern bewusst, dass man damit nur einen Teilaspekt des Dilemmas rund um verschwendete Lebensmittel löst. "Es geht nicht darum jemanden der Verschwendung zu beschuldigen, aber wir müssen realisieren, dass sowohl die Hersteller als auch die Konsumenten zur Lebensmittelverschwendung beitragen. Es gibt auf der einen Seite die Überproduktion und auf der anderen den Verbraucher als Übeltäter", so Riedmüller. Auch dieser müsse natürlich am Ende des Tages viel bewusster mit Waren umgehen.

Der Lebensmittelverschwendung den Kampf ansagen, das ist nicht gänzlich neu. In der westlichen, konsumorientierten Welt werden mittlerweile diverse Ansätze verfolgt. Angefangen von

Dumpstern
über Food-Sharing-Plattformen bis hin zuöffentlichen Kühlschränkenist alles dabei. Oft ergeben sich bei diesen Aktivitäten rechtliche Grauzonen, wie beispielsweise das Thema Hausfriedensbruch beim
Dumpstern
oder die Hygienebedingungen und Lebensmittelsicherheit beim Foodsharing inöffentlichen Kühlschränken. Bei den Markthelden geht man deshalb einen anderen Weg.

Große Hersteller an Bord

Bezogen wird direkt vom Hersteller, und zwar verbilligte Ware, die nicht abgelaufen, sondern mehr oder weniger knapp vor dem Ablauf der Mindesthaltsbarkeit ist. Derzeit bezieht man Produkte von insgesamt 15 Unternehmen, darunter Großkonzerne wie Nestlé und Unilever. Hinzu kommt, dass auch Non-Food-Artikel wie Waschmittel oder Duschgel verkauft werden. Diese Ware fällt vor allem dann beim Hersteller ab, wenn es zu Rebrandings oder Veränderungen bei der Verpackung kommt. Was im Geschäft nicht binnen eines gewissen Zeitraums abverkauft werden kann, bleibt liegen. Auf markthelden.at wird die verbleibende Lebenszeit der Produkte genutzt und diese können online bequem vom Kunden bestellt werden.

Die Retter des Lebensmittelmülls
Am Ende des Tages ist Markthelden also ein ganz normaler Händler, der billig gekaufte Ware etwas teurer weiterverkauft. Der Unterschied zu klassischen Vertriebssystemen: Die Preissenkung wird möglichst stark an den Kunden weitergegeben. "Das war uns von Anfang an wichtig. Im Schnitt kommen da Rabatte zwischen 30 und 70 Prozent zustande, im Vergleich zum Originalpreis. Wir wollten nicht nur das Nachhaltigkeitsthema, sondern auch das Problem überteuerter Preisstrukturen angehen", betont Riedmüller. Schließlich wolle man eine Win-win-Situation für Hersteller, Kunden und sich selbst als Händler herstellen. "Klar wollen wir, dass unser Vertriebskanal Erfolg hat, wir wollen aber auch, dass die Kunden profitieren und die Umwelt etwas davon hat."

Ramschige Restposten waren gestern

Wichtig ist den Markthelden auch, das Thema des Restpostenverkaufs aus der ramschigen Ecke zu holen und von seinem negativen Image zu befreien. "Obwohl es unser digitales Konzept so noch nicht gibt, existieren natürlich seit vielen Jahren Restpostenhändler. Die Hersteller kooperieren aber meist nur ungern mit diesen Unternehmen, weil diese wenig transparent agieren und die Vertriebskontrolle deshalb verloren geht." Mit Markthelden zu vergleichen ist Approved Food in England. In Portugal und Spanien gibt es ebenfalls ähnliche Konzepte.

Und wie sieht es nun aus mit dem Erfolg von Markthelden? Gut, meint der Geschäftsführer. "Es entwickelt sich sehr gut, unsere Wachstumsraten sind in den ersten Monaten schön." Was die Gründer auch positiv stimmt: gute Wiederkaufsraten. Die Kunden kommen also wieder. "Das ist ein gutes Zeichen."

Frisches Obst und Gemüse sowie Kühl- und Tiefkühlware findet man derzeit noch nicht auf der Verkaufsplattform. Diese Form des komplizierten Vertriebs würde sich derzeit noch nicht realisieren lassen, erklärt Riedmüller. "Wir gehen es langsam an und sind ja noch frisch am Start. Jetzt auch auf Frischware zu setzen, das würde alles sprengen, weil es einfach viel aufwändiger ist."

Nur Mut zum Start-up

Start-up-Gründern mit einer zündenden Idee und innovativem Marktverständnis ermutigt Riedmüller übrigens die Unternehmensgründung in Österreich zu wagen. Hierzulande gäbe es für Neo-Unternehmer bereits in der Frühphase viel Unterstützung. "Das sollte man als Start-up-Gründer einfach in Anspruch nehmen. Ist zwar ein bürokratischer Aufwand, lohnt sich aber."

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