Neu-Österreicher über ein "wunderbares Land"
Acht Menschen, die sich für Österreich entschieden haben, erzählen zum Nationalfeiertag über ihre Heimat-Gefühle.
Abgesehen von den rot-weiß-roten Fahnen auf vielen Straßen und Plätzen, der Leistungsschau des Bundesheers rund um den Wiener Heldenplatz und den Feiertagsreden von Politikern zieht heute ein weiterer 26. Oktober ins Land, der bei vielen Landsleuten wenig bis keine Emotionen hinterlassen wird.
Ganz stimmt das natürlich nicht. In vielen österreichischen Botschaften sowie diplomatischen Vertretungen kommen heute rund um den Erdball Menschen zusammen, um gemeinsam die österreichische Bundeshymne zu singen und sich durchaus sentimental an ihr Heimatland und ihre Lieben zu Hause zu erinnern.
Und dann gibt es da noch eine Reihe von Menschen, die nicht als Österreicher geboren wurden und die im Laufe ihres Lebens freiwillig, viele auch unfreiwillig von ihrer ersten Heimat wegegangen sind, um im Land der neuen Vielfalt ein neues Leben zu beginnen. Auch sie verbinden mit Österreich Sentimentales.
Der KURIER lässt anlässlich des Nationalfeiertags acht Menschen zu Wort kommen, für die das lang gezogene "viel-ge-rühmte Ö-sterreich" in der Bundeshymne eine ganz besondere Bedeutung hat.
Die Madame d’ Autriche

Ganz anders ihre Gefühle zu Österreich: „Ich bin stolz auf mein Land und schätze die Lebensqualität.“ Auch die Supermärkte böten mehr Vielfalt als 1977, könnten mit den französischen mithalten.
Vereinte Nationen sogar in ihrer Familie: „Meine Tochter ist in Frankreich zur Welt gekommen und hat sowohl die österreichische als auch die französische Staatsbürgerschaft. Sie ist mit einem Franko-Japaner verheiratet. Meine Enkeltöchter haben daher gleich vier Staatsbürgerschaften.“ Nachsatz: „Alle in der Familie sind sehr Pro-Österreich.“
Der Austro-Bosnier

Als einen Bosnier sieht sich der Newcomer der Wiener Kabarettszene (mit dem Programm „Der Ghettoneurotiker“) nicht: „Ich mag das Land meiner Eltern und Großeltern. Im Sommer bin ich gerne dort, aber ich fühle mich in Wien zu Hause.“ Bereichernd: Sein Humor basiert auf jener vornehmen Tradition der bosnischen Witzeerzähler, die sich selbst nicht bitter ernst nehmen und daher auch über sich selbst lachen können.
Die politisch Verfolgte

„Es waren nicht alle Leute in Wien über unsere Ankunft begeistert“, erinnert sich die Schauspielerin und Mitbegründerin des Wiener Theaters Brett. „Keine Freude hatte zum Beispiel die Hausmeisterin, die selbst keine Österreicherin war. Doch wir haben auch Freunde gewonnen, die uns geholfen haben.“ Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs habe sie eine Zeit lang „in einem emotionalen Niemandsland“ gelebt, sagt Brettschneider. Heute fühlt sie sich in erster Linie als Europäerin. Gegenüber Österreich empfindet sie weiterhin eine gewisse Dankbarkeit. „Doch ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass ich diesem Land als schlecht bezahlte Theatermacherin viel retour geben konnte.“
Der angehende Österreicher

Außerdem will Dieter Schreiber in dem Land, in dem er sich heute zu Hause fühlt, nicht nur in seinem Bezirk wählen dürfen. Daher wird er jetzt nach mehr als reiflicher Überlegung die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen. Blinder Patriot sei er jedoch auf keinen Fall: „Es gibt ja auch in diesem Land etliche Missstände.“
Die Fahnenträgerin bei Olympia

Der schreibende Flüchtling

Seit zehn Monaten lebt Rahimi in Österreich, in einer Flüchtlingsunterkunft in Wien-Donaustadt. Mit einem seiner Gedichte, die er auf Persisch verfasst und dann ins Deutsche überträgt, gewann er beim Schreib-Bewerb von Enjoy.Austria. Un-Vaterland heißt das Gedicht. „Bei uns im Persischen sagen wir übrigens manchmal Vater- und manchmal Mutterland.“ Sein Gedicht heißt „Sarzamine gheyre Madari“, in deutscher Übersetzung: Un-Mutterland. (Vater).“ Das ganze Gedicht kann man auf www.kiku.at nachlesen.
Der Fußballer-Papa

Nach seinem erfolgreichen Berufseinstieg als Programmierer bei IBM wechselte er vor 13 Jahren zu Henkel, wo er inzwischen dank seiner Sprachkenntnisse als IT-Manager in Zentral- und Osteuropa tätig ist. Österreicher ist Gorgon, der seinem Sohn als Berater zur Seite steht (zuletzt bei seinem Transfer nach Rijeka), mit Leib und Seele. Er bereut seine Entscheidung, die er vor vierzig Jahren traf, „keine Sekunde“.
Die Israelin aus Usbekistan

Denn fast wäre es an der Geburtsurkunde gescheitert: „Ich bin in Usbekistan geboren. Weil das eine UdSSR-Republik war, haben die mich für das Dokument an die Russen verwiesen und die wieder zurück. Ich habe gedacht, ich bekomme diesen Pass nie und muss immer ein Visum beantragen.“ Doch es klappte. „Ich war erleichtert. Beim Jobsuchen wird man immer gefragt, ob man Österreicher ist. Und wählen kann ich auch.“ Auf die Frage, ob sie Israel vermisst, erklärt Ribinin: „Ja. Aber Heimat ist da, wo meine Kinder und mein Mann sind.“

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