Werbespot gegen "toxische Männlichkeit": Gillette in der Kritik

Der Rasierzubehörhersteller hinterfragt in einem neuen Werbefilm Männlichkeitsbilder – und sorgt damit für Kontroversen.

"Das Beste im Mann": Mit diesem Slogan wirbt man bei Gillette seit den Neunzigern für Rasierprodukte. Für einen neuen Spot hat der Konzern dem Traditionsspruch einen zeitgemäßen Anstrich verpasst. Plädiert wird nunmehr für "die beste Version von sich selbst, die Männer sein können".

Männlichkeit, hinterfragt

In besagtem Kurzfilm finden sich Darstellungen von Mobbing, sexueller Belästigung, Sexismus und Aggressivität – jene Verhaltensweisen, die toxischer Männlichkeit (siehe Absatz am Ende des Artikels) zugeschrieben werden.

Kontrastiert werden diese Bilder mit Szenen, die Männer dabei zeigen, wie sie problematische Handlungen anderer Männer anprangern und verhindern, ihre eigene Vorbildfunktion anerkennen und sich gegenüber Frauen adäquat verhalten.

Likes und Kritik

Im Internet hat der Spot binnen kürzester Zeit Spuren hinterlassen – in Form von Klicks, Likes und Kommentaren. Bisher wurde der zweiminütige Videoclip allein auf Youtube beinahe drei Millionen Mal angesehen.

40.000 Linkes stehen auf der Videoplattform allerdings 360.000 nach unten zeigenden Daumen, also Dislikes, gegenüber.

Auf diversen sozialen Netzwerken wird die Botschaft der Werbung des Unternehmens, das dem multinationalen Konzern Procter & Gamble gehört, außerdem massiv bekrittelt. So wird der Film etwa als "feministische Propaganda" abgestempelt. "In weniger als zwei Minuten habt ihr es geschafft, eure größte Abnehmergruppe vor den Kopf zu stoßen. Gut gemacht", schrieb ein anderer wütender User.

Zahlreiche Nutzer werfen der Werbung vor, die meisten Männer als Sexualtäter oder brutale Gangster zu stilisieren. Andere berichten davon, die Produkte der Marke seit Jahren oder gar Jahrzehnten zu verwenden. Damit sei es nun vorbei, so der erboste Tenor. Gefordert wird von einigen Nutzern außerdem ein offizielles Entschuldigungsvideo.

Das sehen freilich nicht alle so. Neben Entrüstung und enttäuschten Kommentaren schlägt Gillette im Netz auch eine Welle des Lobes und der Anerkennung entgegen. Es sei vorbildlich, wie der Konzern sexuelle Belästigung und Mobbing an den Pranger stelle und die guten wie auch problematischen Seiten von Männlichkeit aufzeige.

Konzern steht hinter Werbung

Bei Gillette steht man jedenfalls hinter dem Spot – und dessen Aussage: "Indem wir uns gegenseitig in die Verantwortung nehmen, Entschuldigungen für schlechtes Benehmen beseitigen und eine neue Generation unterstützen, die auf die beste Version ihrer selbst hinarbeitet, können wir dazu beitragen, positive Veränderungen zu schaffen, die für die nächsten Jahre von Bedeutung sein werden", stellt Präsident Gary Coombe klar. Man wolle eine "positive, erreichbare, inklusive und gesunde Version" von dem, was es bedeutet, männlich zu sein, bewerben.

Bei dem Kurzfilm führte Kim Gehrig von der britischen Agentur Somesuch Regie. Neben der Veröffentlichung des Clips ist man bei Gillette auch eine Partnerschaft mit dem Projekt "Building A Better Man" eingegangen, das sich der Prävention von Gewalthandlungen bei Männern widmet. Unterstützt wird auch der "The Boys and Girls Club of America", wo Burschen und junge Männer in ihren sozialen und kommunikativen Fähigkeiten gefördert werden. Das Unternehmen will zudem drei Jahre lang jährlich Non-Profit-Männerberatungsorganisationen mit je einer Millionen US-Dollar unterstützen.

"Für uns war die Entscheidung, unsere Überzeugungen öffentlich durchzusetzen und Männer zu feiern, die Dinge richtig machen, eine leichte Entscheidung, die den Unterschied ausmacht“, ist sich Coombe sicher.

Toxische Männlichkeit: Was ist das?

Bei toxischer Männlichkeit handelt es sich um eine Ausprägung Hegemonialer Männlichkeit, ein Konzept aus der soziologischen Geschlechterforschung, das eine gesellschaftliche Praxis beschreibt, die die dominante soziale Position von Männern garantieren soll.

Männer legen demnach mitunter "toxische" Verhaltensweisen an den Tag, unter anderem physische Gewalt, um ihre Dominanz sicherzustellen und schwächere Mitglieder der Gesellschaft, etwa Frauen, zu unterdrücken. Manche Soziologen sehen toxische Männlichkeit auch als Ausdruck stereotyper Geschlechterrollen, die es Männern beispielsweise untersagt, Gefühle abseits der Wut auszudrücken und ihnen gesellschaftliche Vorstellungen von Männlichkeit auferlegt.

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