Verstopfung: Wenn das große Geschäft für Kinder zur Qual wird
Ein paar Tage zu viel Süßes gegessen – und schon gibt’s ein Problem: Selbst bei kleinen Kindern kann das zu Verstopfung führen. Denn die Kombination aus viel Zucker und wenig Ballaststoffen führt häufig zu Verdauungsproblemen, wie der Kinderchirurg Carlos Reck erklärt.
Meist sei das Phänomen zwar von kurzer Dauer – doch dass Kinder über längere Zeit Probleme mit dem „großen Geschäft“ haben, komme gar nicht so selten vor. Mindestens ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen leidet zumindest zeitweise an chronischer Verstopfung, schätzt der Mediziner, der auch am Landesklinikum Mödling arbeitet.
Alarmzeichen
Eltern sollten laut Reck aktiv werden, wenn das Kind einige Tage nicht auf der Toilette war und gleichzeitig Bauchschmerzen hat. Auch wenn die Kleinen lange auf dem Klo sitzen und beim Stuhlgang fest drücken müssen, sollte das ein Alarmzeichen sein. „In Extremfällen passiert es sogar, dass sich Schleimhaut aus dem After stülpt.“ Das alles seien Zeichen für eine chronische Verstopfung – Mediziner bezeichnen sie als Obstipation.
In so einer Situation versuchen es Eltern oft mit einer Ernährungsumstellung: „Leider ist die Annahme, dass eine schwerwiegende Verstopfung allein mit Diätmaßnahmen zu beheben ist, meist falsch. In der Regel muss sich dann die ganze Familie an ein neues Essverhalten gewöhnen – und das funktioniert meist gar nicht oder nicht rasch genug.“
Lieber früher als später
Es sei deshalb besser, früher als später zum Kinderarzt zu gehen. Der wird dem Buben oder dem Mädchen in der Regel einen Stuhlweichmacher verschreiben. Warum das so wichtig ist, erläutert der Mediziner: „Der Dickdarm entzieht dem Stuhl Wasser. Je länger der Stuhl dort verweilt, desto fester und trockener wird er, was zu Verstopfung und Schmerzen führt.“
Oft werde der Wirkstoff Macrogol verabreicht, der dafür sorgt, dass vom Dickdarm nicht mehr so viel Wasser entzogen wird. Der Arzt rät zu diesem Schritt – auch wenn manche Eltern davor zurückschrecken: „Behandelt man die Verstopfung nicht und das Kind hat Schmerzen auf dem Klo, versucht es, den Weg auf die Toilette zu vermeiden und ein Teufelskreis wird in Gang gesetzt.“
Windelfrei
Häufig setzt dieser Teufelskreis zu dem Zeitpunkt ein, wenn das Kind windelfrei wird – also zwischen zwei und vier Jahren. In 90 Prozent der Fälle ist die Therapie des Kinderarztes erfolgreich. Und dieser Erfolg ist wichtig: „Eine lange andauernde Obstipation kann nämlich zu Stuhlinkontinenz führen“, warnt der Arzt. „Das Rektum kann in dem Fall sehr groß werden, sodass sich ein Stuhlstein bildet, um den herum Flüssigstuhl in die Hose rinnt.“
Dauert die Verstopfung trotz Behandlung beim Kinderarzt länger als drei bis sechs Monate, wird das Kind zu einem Kinderchirurgen oder Kinder-Gastroenterologen geschickt. „Der schaut, ob die Verstopfung organische Ursachen hat oder sich um eine sogenannte funktionelle Obstipation handelt.“
Zuerst müssen da hormonelle Ursachen wie Schilddrüsenprobleme ausgeschlossen werden – das gleiche gilt für sehr seltene angeborene Fehlbildungen wie den Morbus Hirschsprung – dabei wurden am Enddarm keine Nervenzellen angelegt. Diagnostiziert wird das Syndrom mittels einer Biopsie des Rektums und wird danach operativ behandelt. Und dann gibt es noch die Fälle, in denen Kinder einen normalen Darm haben, der den Stuhl nicht bewegt: „Hier regen dann Laxantien die Darmbewegung.“
Lebensmittel weglassen
Eine weitere häufige Ursache einer chronischen Verstopfung sind Nahrungsunverträglichkeiten: „Der Weg zur richtigen Therapie ist hier lang, weil ich einzelne Lebensmittel sukzessive weglassen muss.“
Allzu oft ist es allerdings die westliche Ernährung, die den Darm träge macht: „Eltern sollten generell auf zu viel Süßes und Weißmehl verzichten. Fleisch sollte nicht täglich auf den Tisch kommen – und natürlich sollten Kinder ballaststoffreich essen und ausreichend Wasser trinken“, rät Reck.
Auch ein Toilettentraining, bei dem man das Kind z. B. nach den Mahlzeiten aufs Töpfchen setzt, kann helfen, Verdauungsproblemen vorzubeugen. „Der gastrokolische Reflex, der zur Entleerung des Dickdarms führt, kann so ausgelöst werden.“ Allerdings sollten Kinder nie zum Gang aufs stille Örtchen gezwungen werden, denn das könnte das Gegenteil von dem auslösen, was Eltern damit bezwecken wollen: „Jedes Kind lernt in der Regel irgendwann, selbstständig auf Toilette zu gehen“, beruhigt Carlos Reck.
Gut zu wissen: Verdauungsprobleme wachsen sich meist aus – in der Regel normalisiert sich vieles in der Pubertät.
Mit Eltern austauschen
Leidet das Kind dauerhaft unter Verstopfung, hilft neben dem Gang in die Arztpraxis oft auch ein Gespräch mit anderen Eltern. So bietet zum Beispiel die Eltern-Selbsthilfegruppe „Knopf im Bauch“ neben Informationen, Sprechstunden oder Webinaren auch Erfahrungsberichte von Betroffenen (knopf-im-bauch.com).
Für alle, deren Kinder schwerwiegende Probleme haben, ist SOMA Austria die ideale Anlaufstelle (soma-austria.at)
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