Unter dem Radar
Dabei geht es auch um Sichtbarkeit. „Die philippinische Community in Österreich ist in der öffentlichen und medialen Wahrnehmung nicht sehr präsent, obwohl sie schon seit den 70er-Jahren hier vertreten ist“, sagt Christiane Gotz, Tochter einer Filipina und eines Österreichers und Mitautorin des Buches. „Das ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits gibt es keine negativen Schlagzeilen über diese sehr gut integrierte Gruppe der Bevölkerung. Andererseits wird man kaum wahrgenommen und gerne übersehen, dass auch die asiatischen Communitys hierzulande viel Rassismus und Diskriminierung erfahren.“ Und das ganz besonders seit Ausbruch der Corona-Pandemie – was innerhalb der Gemeinschaft für starke Beunruhigung sorgte. Auch dafür soll in diesem Band der Blick geschärft werden.
Im Matriarchat
In der Kreisky-Ära kamen zahlreiche Arbeitskräfte von den Philippinen, großteils Krankenschwestern, die damals dringend gesucht wurden. Genau das ist eine der Besonderheiten der philippinischen Community, sagt Gotz, „sie ist sehr weiblich und durch matriarchale Strukturen geprägt.“ Die Frauen der ersten Generation, die damals ins Ungewisse, in eine fremde Kultur aufgebrochen sind, seien sehr starke Persönlichkeiten, die "daheim ganze Familien erhalten haben". Ihnen soll mit diesem Buch ein gewisser Grundrespekt und Dankbarkeit zurückgegeben werden.
Klischees
Gleichzeitig sollen aber die Stimmen der Jungen gestärkt werden. Denn während bei der ersten Generation noch die perfekte Integration, ja Assimilierung, das erklärte Ziel war, um in der weißen Mehrheitsgesellschaft möglichst nicht aufzufallen, geht es nachkommenden Generationen um etwas anderes. Großteils hier geboren und in einem multikulturellen Umfeld aufgewachsen, hinterfragen sie die Gegebenheiten und Hürden des Alltags und setzen sich eher zur Wehr.
"Man wird, gerade am Arbeitsplatz, oft nicht so ernst genommen", erzählt Gotz aus eigener Erfahrung. "Ich werde immer wieder gefragt, ob meine Eltern Hilfskräfte sind. Einmal hat ein Vorstand auf einem Arbeitsevent ganz nonchalant zu mir gesagt "Ah, Sie sind von den Philippinen? Ich habe in meinem Ferienhaus auch philippinische Putzkräfte. Das muss man nicht einfach so hinnehmen."
Wurzeln
Ihr selbst hätte ein Buch wie "Common Diversities", in dem andere mit gleichem oder ähnlichen Hintergrund aus ihrer Perspektive erzählen, als Heranwachsende geholfen. "In meinem Fall nicht so sehr bei der Identitätssuche - für mich war immer vollkommen klar, dass ich Österreicherin bin. Bis ich, zum Beispiel in der Schule, von anderen auf meine Herkunft angesprochen wurde, war das für mich kein Thema. Mir hätte dieses Buch aber sicher dabei geholfen, früher zu meinen Wurzeln zurückzufinden. Damit habe ich mich erst zu Studienzeiten wirklich beschäftigt." Rückmeldungen aus der Community bestätigen diese Wahrnehmung. Andere, die wie Gotz zwischen beiden Kulturen aufwuchsen, sagten bei Präsentation des Buches, dass sie sich in vielen Geschichten wiederfinden konnten.
Die Frage "Woher kommst du?" behandelt Christiane Gotz mittlerweile wie einen kleinen Test. Ich sage dann meistens 'Aus Hütteldorf - oder was meinst du?' Dann erkläre ich es eh. Oft kommt dann 'Kennst du xy, sie ist auch Filipina?" Die Anwort darauf ist immer nein. Die Welt ist zwar ein Dorf, aber so klein dann auch wieder nicht.
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