Gegen Windmühlen
Doch dieser Kampf war zermürbend. Denn sie musste letztendlich feststellen, dass Bildung doch nicht die Kraft hat, die sie ihr zuschrieb. "Die Leute wissen schon sehr viel über den Klimawandel, trotzdem tut sich nichts. Und selbst wenn wir unser Konsumverhalten umstellen - es ist einfach nicht genug."
Dass der ökologische Fußabdruck ausgerechnet eine Erfindung der Ölindustrie ist, um die Verantwortung auf das Individuum abzuwälzen, tat dann noch sein übriges zur Desillusionierung. Und letztendlich zeige ja auch die Fridays-For-Future-Bewegung, so positiv diese auch ist, dass sich nicht genug bewegt, selbst wenn Jugendliche und junge Erwachsene weltweit zu Abertausenden auf die Straße gehen.
"Daran bin ich wirklich sehr verzweifelt", blickt Lena auf diese Zeit zurück. "Ich dachte mir, ich kann gar nichts bewirken, wurde depressiv und hatte ein leichtes Burnout." Sie hatte bis dahin sehr viel Zeit und Energie in ihren Kampf fürs Klima investiert. Der persönliche Umschwung kam dann, als sie sich mit der Geschichte des zivilen Widerstands beschäftigte. "Ich habe gelernt, dass dadurch relativ schnell gesellschaftliche Veränderungen hervorgebracht werden können. Dadurch habe ich wieder viel Motivation und Hoffnung zurückbekommen."
Stopp Oljeletinga!
Und so setzt sie sich nun in Trondheim gemeinsam mit ihrem Mitstreiterinnen und Mitstreitern auf die Straße, um durch die Verkehrsblockade eine möglichst große Aufmerksamkeit für ihre Anliegen zu bekommen: Dass die norwegische Regierung keine weiteren Lizenzen für die Suche nach neuem Öl ausgibt und dass eine gerechte Umstrukturierung für die Ölarbeitenden ausgearbeitet wird. Die Überzeugung, etwas Wichtiges und Richtiges zu tun, schützt aber weder vor Nervosität noch vor Angst - oder wütenden Autofahrenden.
"Es ist extrem unangenehm und wirklich nichts, was ich gerne mache", beschreibt Lena ihre Gefühle zu den Sitzstreiks. "Es tut mir auch wirklich leid für die ganzen Autofahrenden Ich wäre auch sauer, wenn ich auf meinem Weg in die Arbeit blockiert werde. Es geht auch nicht darum, sie persönlich zu attackieren und für das Problem verantwortlich zu machen - sondern um die Aufmerksamkeit, die die Aktion erzeugt." Neben den teils auch aggressiven Reaktionen der blockierten Pendler, bekämen die jungen Menschen vor Ort aber auch viel Zuspruch, mein Lena. Darunter auch von Polizisten, die sagen "Es ist wirklich gut was ihr macht".
Und wie geht es für Lena nach dem norwegischen Auslandsjahr in Österreich weiter? "Ich werde sicher nicht mit meinem Kampf aufhören, es ist kein Hobby für mich. Ich spüre eine große Verantwortung, weil ich weiß was auf uns zukommt, weil es dramatisch und mit viel Leid verbunden ist. Gerade auch als weiße, privilegierte Frau kann ich meine Stimme erheben, ohne dass mir deshalb schlimme Konsequenzen drohen. Auch das ist mit Verantwortung verbunden. Darum will ich meine Stimme auch für diejenigen einsetzen, die das nicht können und die oft diejenigen sind, die am meisten vom Klimawandel betroffen sind - genauso wie auch zukünftige Generationen."
Die Verantwortung, die Stimme zu erheben
Dass es besonders jüngere Menschen sind, die sich stark fürs Klima und für die Zukunft einsetzen, ist für Lena leicht zu erklären. "Es ist jetzt einfach wirklich die letzte Chance für uns", sagt sie eindringlich. "Um 2000 herum hatteman noch 20 bis 30 Jahre, das Ruder herumzureissen, um 2015 herum waren es noch knapp zehn. Jetzt, im Jahr 2022 haben wir noch zwei bis drei Jahre - da bin ich noch nicht einmal mit meinem Studium fertig. Das ist quasi nichts mehr. Aber: Es sind eben noch zwei bis drei Jahre, in denen wir die Möglichkeit haben, das Schlimmste noch abzuwenden. In fünf Jahren ist diese Chance wahrscheinlich schon vertan.
Auch damit kommt wieder eine Verantwortung. Wenn einmal meine Kinder sagen 'Ihr habt doch gewusst, was passieren wird, warum habt ihr nichts gemacht?', dann will ich sagen können 'Ich habe es zumindest versucht, ich habe meine Bestes gegeben."
Als Aktivistin würde sich Lena in ihrem Kampf für eine lebenswerte Zukunft dennoch nicht bezeichnen: "Ich bin eine Studentin, ich bin auch eine Schwester und eine Tochter, ich bin nicht nur eine Aktivistin. Ich mache das nicht, weil das mein professioneller Beruf ist, ich mache das aus Verzweiflung. Und aus Hoffnung".
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