Wälder sind neben den Ozeanen und Mooren die wichtigsten CO2-Senken, soll heißen: Alle Staaten stoßen immense Mengen des Treibhausgases CO2 aus, und Bäume sind die einzige verlässliche Möglichkeit, CO2 dauerhaft wieder aus der Atmosphäre zu holen. Bäume speichern das CO2 im Holz und filtern so die Luft – und geben dabei Sauerstoff ab.
Da sich manche Treibhausgas-Emissionen auch in Zukunft nicht vermeiden lassen (Industrie, Landwirtschaft), werden Wälder in ihrer Funktion als CO2-Senken eine zunehmend wichtige Rolle spielen müssen. Derzeit sind in Österreichs Wäldern rund 3.600 Millionen Tonnen CO2 gebunden, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium von Norbert Totschnig.
Warum aber nimmt Österreichs Wald immer weniger CO2 auf (siehe Grafik links)? Das Bundesamt für Wald klärt auf: „Die Ergebnisse der Österreichischen Waldinventur zeigen, dass die Waldfläche und der Holzvorrat in Österreich seit den 1960er-Jahren kontinuierlich zunehmen. Der Anstieg der Zunahme flacht seit 2000 jedoch ab.“
Das habe mehrere Ursachen, erklären die Experten: „Der Anteil an Beständen mit starken Baumdimensionen war früher geringer und die Nutzung lag in den frühen 2000er-Jahren noch deutlich unter dem heutigen Niveau. Seit damals führen vermehrte Trockenperioden und der höhere Anteil von alten Beständen zu einem leichten Rückgang des Holzzuwachses.“ Steigender Schadholzanfall durch Stürme oder Schädlinge führe zu einem Anstieg der Holznutzung: „In einem Trockenjahr ist der Zuwachs der Bäume relativ klein, wenn dann auch noch vermehrt Schadholz (Käfer oder Stürme) anfällt und damit die Holznutzung überdurchschnittlich hoch ist, dann ist die Speicherleistung des Waldes als Differenz dieser beiden Faktoren sehr gering.“
Bitterer Nachsatz der Experten des Wald-Bundesamtes: „Wird die globale Erderwärmung nicht begrenzt, ist ein dauerhafter Erhalt des Waldes als CO2-Senke nicht möglich.“
Für Klimaökonom Schleicher stellen sich weitere Fragen: "Die Klimawirkung des Waldes wird von zwei Nutzungsmöglichkeiten bestimmt, einerseits der Wald als Rohstofflager für die Substitution von Fossilen, andererseits als Speicher für CO2-Emissionen."
Fast die Hälfte der in Österreich verfügbaren Holzmenge stamme aus Importen, zitiert Schleicher aus der Waldinventur des Bundesforschungszentrums für Wald. Nach China sei Österreich das Land mit den Höchsten Holzimporten. Von dieser verfügbaren Holzmenge werde wiederum fast die Hälfte sofort der Verbrennung zugeführt.
"Und obwohl es stimmt, dass das dabei frei werdende CO2 in nachwachsenden Wäldern wieder gebunden wird, so ist doch auf die zeitliche Lücke zu verweisen: die Emissionen fallen sofort an, deren Bindung in nachwachsenden Bäumen dauert aber wieder bis zu einhundert Jahren. Diese Zeit haben wir nicht, um die Treibhausgasziele für 2040 und 2050 zu erfüllen."
Für den Klimaexperten ist bei der Nutzung der Wälder ein deutliches Umdenken bei den Prioritäten erforderlich: "Von der bisherigen Nutzung der Substitution von Fossilen durch Holz ist die Priorität auf die Speicherung von CO2 durch den Bestand der Wälder zu wechseln. Diese Veränderung in den Prioritäten stärkt die Rolle der Wälder bei der Bewältigung des Klimaproblems. Und die energetische Nutzung von Wälder ist nur eingeschränkt positiv klimawirksam."
Dabei ist Österreichs Wald unter den EU-Staaten ein positives Beispiel, meint der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz im Gespräch mit dem KURIER: „Slowenien macht es ganz richtig, die haben eine Null-Kahlschlag-Politik, deren Mischwälder sind besonders widerstandsfähig gegen Hitzestress, und bringen gute Holzerträge. Die Österreicher machen es ähnlich gut, Fichten-Kahlschläge gibt es aber noch immer im Alpenraum. In gutem Zustand sind auch die bayrischen Laub-Mischwälder.“
Die Grüne Fraktion im EU-Parlament lasse derzeit eine Studie erstellen, in welchem Zustand die europäischen Wälder sind. Waitz fürchtet, dass maximal 20 Prozent des EU-Waldbestandes in einem sehr guten Zustand sind. „Der Rest hat schon Probleme oder wird sie demnächst bekommen, weil es zu viele Monokultur-Plantagen gibt, mit schnell wachsenden Baumbeständen, die aber immer weniger auf die zunehmende Trockenheit und Hitze vorbereitet sind. In Deutschland sind deshalb seit 2020 fast 100.000 Hektar Wald einfach verschwunden.“
Brüssel denke derzeit über eine neue (unverbindliche) Waldstrategie nach, sagt Waitz, und appelliert, umzudenken: „Wir müssen dringend unsere Waldstruktur in Richtung klimaresistenter Mischwälder ändern, sonst verlieren wir unsere Holzversorgung, als auch die ökologische Funktion des Waldes und die Funktion des Waldes als CO2-Speicher.“
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