Erdäpfel und Martinskipferl: Unheilbar krank, die Caritas Socialis hilft

In der Akademie der Bildenden Künste hat Herr Otmar die Bilder studiert – seit seiner Diagnose malt er selbst.
Herr Otmar kann daheim kochen und malen, ein mobiles Palliativteam ermöglicht es ihm. Frau Hannelore bäckt im Hospiz am Rennweg.

Als die Tür hinter uns ins Schloss fällt, umschließt uns Herrn Otmars orangefarbener Kokon. Es riecht nach gebratenen Erdäpfeln, altem Nikotin und frischer Farbe. Die Decke hängt tief. Im Luster brennt eine einzige Glühbirne. Herr Otmar geht lautlos voran. Er berührt scheinbar nicht den Boden, so leicht ist er.

„Willkommen“, sagt er und entschuldigt sich, dass er nicht genug Sessel hat. Er sei nicht auf Besuch eingestellt. Wir winken ab. Das Zimmer, das uns geschluckt hat, ist im fünften Stock eines Gemeindebaus in der Brigittenau. Die Einrichtung besteht aus einer abgewetzten, mit grünem Leder überzogenen Sitzgruppe, einem Fernsehapparat und einer Stehlampe ohne Lampenschirm.

Leinwand als Kraftwerk Energie

Man bekommt den Eindruck, die Gegenstände hätten vor langer Zeit eingesehen, dass es keinen Sinn macht, mit dem Kunstwerk an der Wand zu konkurrieren, das den ganzen Raum ausleuchtet. Wir stehen vor der bemalten Wand, die wie ein Kraftwerk Energie erzeugt und abgibt. Herr Otmar hat das Bild vor zwei Jahren begonnen, nachdem ihm der Arzt gesagt hatte, dass der Krebs, der in seinem Kehlkopf wächst, nicht heilbar sei.

„Ich war wütend und traurig und verzweifelt. Alles zusammen“, erzählt er, „das musste raus. Ich hatte schon als Kind eine künstlerische Begabung. Später fehlte mir die Zeit dafür.“ Insgesamt sei er ein Genussmensch, gegessen habe er immer gern. „Das kann ich jetzt nicht mehr“, sagt er ohne Wehmut, „ich ernähre mich über eine Sonde.“ Der Geruch sei jetzt sein Genusserlebnis. „Heute gibt es Dill-Erdäpfel“, erzählt er, „diesen Duft liebe ich. Erinnert mich an schöne Zeiten.“ Hunger und Sättigungsgefühl habe er ganz normal wie ein gesunder Mensch auch – „aber das kulinarische Vergnügen liegt jetzt im Riechen.“

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