Nötig machten diese Erfindung die scherzhaft-ironischen Beiträge der Wissenschafterinnen und Wissenschafter, die in jenen Tagen das Forum zunehmend fluteten. Wie etwa die Frage, wie sich das Gezwitscher von Vögeln verändern würde, nachdem diese Helium eingeatmet hätten. Das Problem: nicht jeder vermochte den Humor immer als solchen zu erkennen – die altbekannte Krux rein textbasierter Kommunikation. Ein Symbol musste also her, um Scherzhaftes eindeutig zu kennzeichnen. Zwei Tage dauerte die Diskussion der, zu diesem Zeitpunkt offenbar unterbeschäftigten, Forscherinnen und Forscher. Zahlreiche Vorschläge wurden eingebracht: Darunter &, da es aussehe „wie ein lustiger, dicker Mann, der sich vor lauter Lachen den Bauch hält“ oder * für gute, und % für schlechte Witze.
Letztendlich wurde Fahlmanns Lösungsvorschlag begeistert aufgenommen und setzte sich schnell durch. Ebenso seine ergänzende Idee: „Angesichts aktueller Entwicklungen ist es wohl eher angebracht, Beiträge zu markieren, die NICHT als Scherz gemeint sind. Verwendet dafür :-(“ Schnell etablierte sich dieses Smiley jedoch als Ausdruck der Unzufriedenheit, und der selbst gebastelte Smileykatalog wurde kreativ erweitert. Die Piktogramme verbreiteten sich schnell über Universitätsgrenzen hinaus. „Kommunikationsdurchbruch“ titelte ein Carnegie-Mellon-Mitarbeiter eine Nachricht an Kollegen eines anderen Forschungsinstituts.
Poeten des Internet
Was Anfang der 80er-Jahre also als beiläufiger Witz begann, ist heute, vierzig Jahre später, aus unserer schriftlichen Kommunikation kaum noch wegzudenken. Nach wie vor dienen die Zeichen in Nachrichten als Krücke und Ergänzung. Dem oft gebrachten Einwand, dass Dichter wie William Shakespeare bestens ohne diese Symbole ausgekommen wären, entgegnet Smiley-Vater Fahlman, es sei nun einmal nicht jeder ein Poet – und selbst die hätten ihre schlechten Tage. Zudem sagte bereits der Schriftsteller Vladimir Nabokov 1969 in einem schriftlichen Interview mit der New York Times: „Ich denke oft darüber nach, dass es ein spezielles typografisches Zeichen geben sollte, das ein Lächeln darstellt – eine Art konkave Markierung, eine Klammer in Rückenlage. Damit würde ich jetzt gerne auf Ihre Frage antworten.“
Heute könnte Nabokov aus über 3.000 Symbolen auswählen, um seinen jeweiligen Gemütszustand knackig vermitteln zu können. So viele umfasst der aktuelle Emoji-Katalog. Das Wort stammt aus dem Japanischen und setzt sich aus den Schriftzeichen für „e“ (Bild), „mon“ (Ausdruck) und „ji“ (Buchstabe) zusammen. Mit dem ursprünglichen, aus drei Zeichen bestehenden Smiley, haben die modernisierten Versionen nur noch wenig gemein.
Dafür decken sie praktisch jede Lebenssituation ab und werden laufend erweitert – und unbewusst oder bewusst zweckentfremdet (siehe links). So wie etwa die an sich unschuldige Melanzani, die in den meisten Nachrichten als Phallussymbol herhalten muss. Fahlmann ist nur bedingt begeistert von der neuen Smiley-Generation. Er vermisst das „neckische Element“ des Originals. :(
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