Welt-Emoji-Tag: Zwinkersmiley ist out, rotes Herz bleibt Dauerbrenner

Es war einmal ein :, ein – und eine ) – aneinandergereiht ergaben sie ein lachendes Gesicht und stellten so etwas wie die Urform der heutigen Emojis dar. Aus dem simplen Strichgesicht entwickelte sich ab Anfang der 2010er-Jahre eine riesige Palette an bunten Piktogrammen, die jährlich am 17. Juli weltweit gefeiert werden (warum ausgerechnet heute, lesen Sie unten).
Eine Erfolgsgeschichte, die wohl noch lange nicht fertig erzählt ist. „Emojis werden immer mehr geschätzt, vor allem, weil sie im Laufe der Zeit nuancierter geworden sind“, sagt Shantal Garces, studierte Medien- und Kommunikationswissenschafterin. Als Content Creater bei der Sprachlern-App Babbel beobachtet sie genau, wie die Bildzeichen verwendet werden. Vor allem in ihrer eigenen Altersgruppe, der Generation Z (Jahrgänge 1995–2010).
Zum Totlachen
Wenn Sprache einem permanenten Wandel unterworfen ist, dann schließt das auch Emojis mit ein. Manche nützen sich ab, manche bekommen durch die jungen Smartphone-Besitzer eine neue Bedeutung. „Die Generation Z möchte keine Emojis verwenden, die die eigenen Eltern seit Jahren exzessiv nutzen“, bringt Garces die veränderten Vorlieben auf den Punkt.
Entstehung
Emojis wurden 1995 vom japanischen Telefonkonzern NTT Docomo entwickelt und 2011 von der Computer-Weltsprache Unicode definiert. Sie werden laufend erweitert, aktuell soll es 722 geben
Welt-Emoji-Tag
2014 vom Australier Jeremy Burge ins Leben gerufen. Fällt immer auf den 17. Juli, weil das Kalender-Emoji (auf iPhones) dieses Datum anzeigt
Stattdessen interpretieren sie die bunten Bildzeichen ironisch und auf ihre Weise. Ein Paradebeispiel: das Clown-Gesicht. „Es kann so etwas Naheliegendes wie einen Clown bedeuten, für die Generation Z ist es aber auch eine Möglichkeit, jemanden einen Narren oder Dummkopf zu nennen“, sagt die Expertin.
Auch das Totenkopf-Emoji wurde im Laufe der Jahre von der Generation Tiktok zweckentfremdet. „Für sie ist es ein ironischer Ausdruck dafür, sich sprichwörtlich totzulachen“, erklärt Garces. Der Liebling der Millennials, das Gesicht, das vor lauter Freude Tränen lacht, steht nach einer steilen Karriere (Höhepunkt: die Wahl zum Wort des Jahres der Oxford University im Jahr 2015) bei den Jungen dafür auf der Abschussliste.
Auch der Zwinker-Smiley gilt heute als sicherer Indikator dafür, dass man vor dem Jahr 1995 geboren wurde. Junge verwenden das Glitzer-Symbol oder die Fee, um etwas ironisch hervorzuheben.
Büro-Bussi
Ein Emoji, das seine Popularität über die Jahre beibehalten konnte, ist das klassische rote Herz. Unabhängig vom Beziehungsstatus zwischen Sender und Empfänger wird damit Liebe und Wertschätzung ausgedrückt – seit vermehrtem Homeoffice immer häufiger auch in der beruflichen Kommunikation.
Die Verwendung mancher Emojis im Firmenchat führt unter Arbeitskollegen mitunter zu Verwirrung, wie kürzlich eine internationale Umfrage mit 10.000 Büroangestellten offenlegte. So repräsentiert das Kuss-Emoji für 39 Prozent platonische Zuneigung, 30 Prozent sehen darin aber eine Liebeserklärung. Das Zwinker-Gesicht verwenden 14 Prozent, um zu flirten, die Mehrheit möchte damit Ironie zum Ausdruck bringen.
Der Emoji-Einsatz im Büro bleibt also ein Balanceakt. Und der Katalog an zur Verfügung stehenden Bildchen wird laufend größer: Gerade berät das Unicode-Konsortium, welche Emoji-Neuzugänge es kommendes Jahr in die Handy-Tastaturen dieser Welt schaffen werden. In der engeren Auswahl stehen unter anderem eine High-Five-Hand, ein rosa Herz, eine Ingwerknolle, Hyazinthen, Erbsenschoten und eine Qualle. Der Stoff zur (Miss-)Interpretation wird uns so schnell also nicht ausgehen.
Welche Icons eindeutig zweideutig sind und welche gesellschaftliche Debatten befeuern:
- Nummer eins Obwohl von Jungen verschmäht, bleibt das tränenlachende Gesicht auf Twitter Spitzenreiter: Laut Echtzeit-Website Emojitracker wurde es bis dato 4 Milliarden Mal gepostet. Platz 2: das rote Herz.
- Lebensgefühl Das meistgenutzte Emoji auf Tinder im ersten Lockdown war die achselzuckende Person – ein Ausdruck für Unsicherheit und Ambivalenz.
- Zweideutig Nur sieben Prozent verwenden das Pfirsich-Bild laut Emojipedia synonym für die Frucht. Der Großteil meint einen prallen Po, oft im Sexting-Kontext und in Kombination mit der Melanzani (Anspielung auf das männliche Geschlechtsteil).
- Anti-Trans-Symbol In der Debatte um Transgender-Rechte taucht auf Twitter immer öfter das Kiwi-Emoji auf. Kritiker bringen damit zum Ausdruck, dass man sein Geschlecht nicht einfach wechseln kann. So wie Kiwi-Pflanzen, die sich eindeutig in männlich und weiblich aufteilen.
- Baby statt Bier Kein Emoji war so umstritten wie der 2021 vorgestellte Mann mit Babybauch. Feministinnen sahen die Sichtbarkeit schwangerer Frauen in Gefahr, Konservative einen Auswuchs der „Woke“-Bewegung. Er blieb – um moderne Formen von Familie zu illustrieren.
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