Frisörin wollte depressiver Kundin Haare nicht rasieren

Frisörin wollte depressiver Kundin Haare nicht rasieren
Das 16-jährige Mädchen fühlte sich so wertlos, dass es nicht mal mehr genug Kraft dafür hatte, sich die Haare zu kämmen.

"Heute hatte ich das schwierigste Kundenerlebnis", erzählte Frisörin Kayley Olsson aus dem US-Bundesstaat Iowa vergangene Woche in einem Facebook-Posting. Darunter ist ein Kopf mit verfilzten Haaren von hinten zu sehen. Dieser gehört einem 16-jährigen Mädchen, das in den Salon gekommen war, um sich vor dem Schulbeginn die Haare schneiden zu lassen. Vor allem, weil bereits zu Beginn neue Schulfotos aufgenommen werden sollen.

Das Mädchen, das anonym bleiben will, leide seit Jahren an Depressionen und bringe es nicht mehr fertig, sich die Haare zu bürsten, erklärt Olsson. Weil es aussichtlos schien, die verfilzten Haare jemals wieder bürsten zu können, schlug das Mädchen der Frisörin vor, die Haare einfach komplett abzuschneiden. Dass sich das Mädchen selbst als "wertlos" bezeichnete, habe Olsson das Herz gebrochen. Sie fasste den Entschluss, ihr Möglichstes zu geben, um dem Mädchen zu helfen. Sie setzte sich hin und begann die Knoten in ihren Haaren zu lösen.

Ein Lächeln im Gesicht nach 13 Stunden

Sie schaffte es tatsächlich, die Haare zu entwirren und schnitt, pflegte und färbte diese in einem weiteren Schritt. Das erstaunliche Ergebnis stellte Olsson neben das Bild der verfilzten Haare. Nach 13 Stunden "konnten wir diesem hübschen Mädchen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und ich denke, das ist schon einiges wert", schreibt Olsson auf Facebook, die möchte, dass "die Menschen daraus etwas lernen". "Nehmt psychische Krankheiten ernst. Sie betreffen Menschen jeden Alters auf der ganzen Welt. Eltern, nehmt das ernst und sagt euren Kindern nicht, dass die Probleme schon wieder weggehen werden. Ein Kind sollte sich niemals so wertlos fühlen, dass es sich nicht mal mehr die Haare kämmen kann."

"Habe für diese Kundin alles gegeben"

Der Beitrag wurde mittlerweile über 75.000 Mal geteilt und über 122.000 Mal gelikt. "Ich habe für diese Kundin alles gegeben", sagt Olsson. Die Mühe hat sich auch bezahlt gemacht, denn bevor das Mädchen aus dem Salon ging habe es der Frisörin gesagt, dass es für die Schulfotos wirklich lächeln werde, denn sie habe es geschafft, dass es sich wieder wie es selbst fühle.

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leiden über 300 Millionen Menschen an Depressionen. Im Vergleich zu Allgemeinbevölkerung sind Kinder und auch Jugendliche seltener von Depressionen betroffen. Unter Kindern leiden weniger als drei Prozent an Depressionen, unter den Jugendlichen 0,4 bis 6,4 Prozent. Mit dem Ende des Kindesalters aber stellt sich bereits ein Überwiegen der Fälle unter Mädchen beziehungsweise jungen Frauen ein.

Auch die Symptome sind bei Kinder anders gelagert, so stehen bei Kleinkindern vor allem Apathie und Spielunlust im Vordergrund, im Volksschulalter kann sich eine Depression in Stimmungslabilitäten, der mangelnden Fähigkeit sich zu freuen und eventuell auch aggressivem Verhalten äußern. In den Folgejahren können vermindertes Selbstwertgefühl, Ängste, Konzentrationsmangel und auch starke Schwankungen der Gemütslage über den Tag hinweg auf eine Erkrankung hindeuten.

Schwierige Behandlung

Die Behandlung gestaltet sich schwierig. Zum einen aufgrund der fehlenden Betten in spezialisierten Einrichtungen zur stationären Aufnahme und zu weniger Therapieplätze, zum anderen ist die medikamentöse Einstellung komplex und muss besonders sorgfältig kontrolliert werden. 2016 bewerte eine Meta-Studie von 34 bereits vorhandenen Studien, an denen insgesamt 5.260 junge Patienten teilgenommen hatten, die medikamentöse Therapie bei Kinder und Jugendlichen eher negativ (der KURIER berichtete). Man befand, dass in der Gegenüberstellung von Risiken und Vorteilen der Antidepressiva in der Behandlung von schweren Depressionen bei Kindern und Teenagern die Medikamenten keinen klaren Vorteil zu bieten hätten. Die Forscher empfehlen daher bei Verordnung eine engmaschige Beobachtung - unabhängig vom verwendeten Medikament und speziell am Beginn der Behandlung.

Hilfe finden Sie bei der Telefonseelsorge (142) sowie bei Rat auf Draht (147) und online: www.kriseninterventionszentrum.at.

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