Frau dreht Film gegen sexuelle Belästigung und wird belästigt

Diese Szene ereignete sich zufällig während eines Videodrehs gegen sexuelle Belästigung.
Die britische Unternehmerin Jillian Kowalchuk plädiert dafür, die Schuld an Übergriffen niemals dem Opfer zu geben.

Jillian ist britische Unternehmerin und Gründerin der App "Safe & the City". Diese soll Frauen dabei helfen, sich mit einem sicheren Gefühl durch London bewegen zu können. Außerdem soll man damit Notrufe absetzen und Routen planen können, bei denen Orte mit einer hohen Kriminalitätsrate vermieden werden. Finanziert wird die App über Crowdfunding. Das Ziel von 15.350 britischen Pfund (rund 17.200 Euro) wurde Anfang Dezember erreicht.

Übergriffiges Verhalten

Der Dreh eines Werbespots für "Safe & the City" hat gezeigt, wie wichtig diese App ist. Als Kowalchuk gerade darüber spricht, dass es eine Partnerschaft mit der Polizei in London gibt, kommt plötzlich ein fremder Mann ins Bild. Er unterbricht sie mit den Worten "Oh, very nice". Dann geht er auf sie zu und legt ungefragt seinen Arm um sie. Zunächst bedankt sich Kowalchuk und bittet den Mann "downloaded Safe & The City" in die Kamera zu sagen. Das tut er dann auch, jedoch nicht ohne Kowalchuk zu sagen, dass sie wunderschön sei. Dann versucht der Mann der Unternehmerin einen Kuss auf die Wange zu drücken. Diese beginnt nervös zu lachen und bedankt sich sogar noch bei dem Mann.  

Schließlich hört man eine Stimme sagen: "Da haben wir’s" und Kowalchuk antwortet: "Ja". Auf Medium.com schreibt Kowalchuk über dieses Erlebnis, dass die Kamerafrau ebenso geschockt gewesen sei wie sie. "Ich hatte keine Worte, also schaute ich in die Kamera und sagte, das einzige, was mir einfiel 'Yup', während ich versuchte, die Ironie der Situation wegzulachen."

"War ich verletzt?

Habe ich mich in Gefahr gefühlt?

Habe ich mich geringgeschätzt und als Ziel von dieser Art von Verhalten aufgrund meines Geschlechts gefühlt? Ja!", schreibt Kowalchuk weiter.

Sie sei von ihrer eigenen Reaktion in der Situation überrascht gewesen.

Sie wolle Männer und Frauen dazu ermutigen, Fälle von sexueller Belästigung zu melden, vor allem wenn sie im öffentlichen Raum stattfinden. Bei der Berichterstattung über solche Fälle sei es laut Kowalchuk essentiell, niemals das Opfer dafür zu beschuldigen.

Täter-Opfer-Umkehr

Nach dem Vorfall habe sie sofort damit begonnen, den Fehler an sich zu suchen, warum sie nicht besser mit der Situation umgegangen sei. Sie hätte auch Ratschläge aus ihrem Bekanntenkreis bekommen, wie sie sich das nächste Mal vorbildlicher verhalten könne. Für Kowalchuk ist das aber nicht der Punkt, vielmehr müssten wir lernen, unsere Gedanken in Bezug auf sexuelle Belästigung umzustrukturieren und nicht die Reaktionen und Verhaltensweise der Opfer darauf zu kritisieren. Sie will andere Menschen dazu ermutigen, ihre Stimme gegen sexuelle Belästigung zu erheben und dadurch die Realität von jenen zu ändern, denen sie passiert. "Wir müssen aufhören, so kritisch gegenüber Menschen zu sein, die solche Erfahrungen gemacht haben", so die Conclusio von Kowalchuk.

Problematik sexueller Übergriffe

Eine erst kürzlich erschienene internationale Erhebung zeigt, wie groß die Problematik sexueller Übergriffe weltweit ist. Demnach hat jede zweite Frau in den USA auf der Straße bereits sexuelle Bemerkungen oder Beleidigungen erfahren, in Großbritannien sind es 43 Prozent, in Spanien 40. In Frankreich gaben dies 39 Prozent der befragten Frauen an, in Deutschland 36, in Italien 25.

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