Down-Syndrom in der Familie: Wunderbar anders als gedacht

Down-Syndrom in der Familie: Wunderbar anders als gedacht
Lara Mars erzählt von Herausforderungen und Glücksmomenten vom Familienleben mit Tochter Tilda.

Tilda ist vier. Sie liebt ihr neues, selbst gebautes Puppenhaus, das sie zu Weihnachten bekommen hat, sie legt leidenschaftlich gerne Puzzles und lässt Kamm und Bürste nur sehr ungern in die Nähe ihres blonden Haarschopfs. Da ist sie stur. Lara Mars, ihre Mutter, lacht: „Ich kann mich noch gut erinnern, dass meine Familie in meiner Kindheit immer zu mir gesagt hat: ,Hoffentlich bekommst du auch einmal ein Kind, das so eigensinnig ist, wie du.' Der Wunsch hat sich erfüllt.“ Tatsächlich erzählt sie als Erstes von Tildas starkem Willen, wenn sie im Gespräch mit dem KURIER ihre kleine Tochter beschreibt.

Eine Hand reichen

Die Schwangerschaft verlief unproblematisch. Auf Pränataldiagnostik verzichtete Mars bewusst. Zum Glück, wie sie in ihrem vor Kurzem erschienenen Buch „Ein wunderbar anderes Leben“ schreibt. Denn Tilda wurde mit dem Down-Syndrom geboren. Und so ist ihre Mutter heute froh, die Schwangerschaft ohne übermäßige Ängste verbracht zu haben.

Genau diese Ängste, Unwissenheit und Vorurteile in der Gesellschaft aufzubrechen und anderen betroffenen Familien Mut zu machen, ist eines der Ziele, die sich Mars mit ihrem sehr persönlichen Buch gesetzt hat. „Mir hätte das damals geholfen“, sagt sie heute über den Tag, an dem ihr die endgültige Diagnose den Boden unter den Füßen wegzog und ihr Leben in eine ganz neue Bahn lenkte. „Ich hatte nur stereotype Bilder im Kopf“, erzählt sie. In ihrem Umfeld hatte sie damals keine Berührungspunkte zu Menschen mit Down-Syndrom. Und eine konkrete Vorstellung davon, was die Nachricht nun für ihr Familienleben bedeutet, konnten ihr auch die Ärzte nicht vermitteln.

Der soziale Wert sozialer Medien

Also ging sie in den sozialen Medien auf die Suche nach authentischen Erzählungen Betroffener. „Instagram hat mich nach der Diagnose aufgefangen. Die Geschichten von anderen Müttern haben mir unglaublich geholfen und Zuversicht für die Zukunft gegeben.“ Das möchte Lara Mars nun zurückgeben. Mit ihrem eigenen Instagram-Kanal, ihrem Buch und ihrem gemeinnützigen Unternehmen lavanja will sie betroffenen Familien die Hand reichen (siehe unten). Denn sie ist überzeugt: „Das Wissen von Eltern ist ein Goldschatz.“

Dabei ist ihr eines ganz wichtig zu betonen: „Meine Tochter ist nicht DAS Kind mit Downsyndrom, das gibt es nämlich nicht. Genauso wie bei neurotypischen Kindern gibt es da eine ganz große Bandbreite an unterschiedlichen Entwicklungsständen, Talenten und Gesundheitszuständen.“ So ist Tilda beispielsweise organisch völlig gesund, spricht aber noch nicht in ganzen Sätzen. Damit, ihren Willen begreiflich zu machen, hat sie aber keine Probleme, erzählt ihre Mutter mit einem Augenzwinkern.

Vorausdenken

Ein Kommunikationsproblem haben oft eher die Anderen, erzählt Mars. Gedankenlose Kommentare, die gar nicht böse gemeint sind, schaffen es dennoch, einen lange zu verfolgen. Etwa: „Toll, wie ihr das macht, ich könnte das nicht.“ oder gar Mitleidsbekundungen. „Man sollte sich vorher immer überlegen, ob man selbst in dieser Situation diesen Kommentar hören wollen würde“, sagt Mars. Sie rät: Weniger kommentieren, mehr fragen. „Die allermeisten Eltern sind bereit, Fragen, die bedacht und mit wahrem Interesse gestellt sind, zu beantworten.“

Und mit welchem Gefühl blickt sie in die Zukunft ihrer Tochter? „Sorgen machen sich ja alle Eltern – unabhängig von der Chromosomenanzahl ihrer Kinder.“ Allzu weit in die Zukunft möchte Lara Mars aber bewusst nicht schauen. „Tilda zeigt mir jeden Tag, dass wir im Hier und Jetzt leben.“ Mars’ größtes Anliegen: „Wir müssen die Räume finden und öffnen, wo Menschen mit Behinderung einen natürlichen Platz in der Mitte der Gesellschaft einnehmen. Ich glaube daran, dass die Dinge immer besser werden und Tilda ein zufriedenes Leben führen wird. Wie genau das aussieht, weiß ich heute noch nicht. Wir lassen es als Familie auf uns zukommen und werden alles dafür geben.“

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