Genau diese Ängste, Unwissenheit und Vorurteile in der Gesellschaft aufzubrechen und anderen betroffenen Familien Mut zu machen, ist eines der Ziele, die sich Mars mit ihrem sehr persönlichen Buch gesetzt hat. „Mir hätte das damals geholfen“, sagt sie heute über den Tag, an dem ihr die endgültige Diagnose den Boden unter den Füßen wegzog und ihr Leben in eine ganz neue Bahn lenkte. „Ich hatte nur stereotype Bilder im Kopf“, erzählt sie. In ihrem Umfeld hatte sie damals keine Berührungspunkte zu Menschen mit Down-Syndrom. Und eine konkrete Vorstellung davon, was die Nachricht nun für ihr Familienleben bedeutet, konnten ihr auch die Ärzte nicht vermitteln.
Der soziale Wert sozialer Medien
Also ging sie in den sozialen Medien auf die Suche nach authentischen Erzählungen Betroffener. „Instagram hat mich nach der Diagnose aufgefangen. Die Geschichten von anderen Müttern haben mir unglaublich geholfen und Zuversicht für die Zukunft gegeben.“ Das möchte Lara Mars nun zurückgeben. Mit ihrem eigenen Instagram-Kanal, ihrem Buch und ihrem gemeinnützigen Unternehmen lavanja will sie betroffenen Familien die Hand reichen (siehe unten). Denn sie ist überzeugt: „Das Wissen von Eltern ist ein Goldschatz.“
Dabei ist ihr eines ganz wichtig zu betonen: „Meine Tochter ist nicht DAS Kind mit Downsyndrom, das gibt es nämlich nicht. Genauso wie bei neurotypischen Kindern gibt es da eine ganz große Bandbreite an unterschiedlichen Entwicklungsständen, Talenten und Gesundheitszuständen.“ So ist Tilda beispielsweise organisch völlig gesund, spricht aber noch nicht in ganzen Sätzen. Damit, ihren Willen begreiflich zu machen, hat sie aber keine Probleme, erzählt ihre Mutter mit einem Augenzwinkern.
Ein Kommunikationsproblem haben oft eher die Anderen, erzählt Mars. Gedankenlose Kommentare, die gar nicht böse gemeint sind, schaffen es dennoch, einen lange zu verfolgen. Etwa: „Toll, wie ihr das macht, ich könnte das nicht.“ oder gar Mitleidsbekundungen. „Man sollte sich vorher immer überlegen, ob man selbst in dieser Situation diesen Kommentar hören wollen würde“, sagt Mars. Sie rät: Weniger kommentieren, mehr fragen. „Die allermeisten Eltern sind bereit, Fragen, die bedacht und mit wahrem Interesse gestellt sind, zu beantworten.“
Und mit welchem Gefühl blickt sie in die Zukunft ihrer Tochter? „Sorgen machen sich ja alle Eltern – unabhängig von der Chromosomenanzahl ihrer Kinder.“ Allzu weit in die Zukunft möchte Lara Mars aber bewusst nicht schauen. „Tilda zeigt mir jeden Tag, dass wir im Hier und Jetzt leben.“ Mars’ größtes Anliegen: „Wir müssen die Räume finden und öffnen, wo Menschen mit Behinderung einen natürlichen Platz in der Mitte der Gesellschaft einnehmen. Ich glaube daran, dass die Dinge immer besser werden und Tilda ein zufriedenes Leben führen wird. Wie genau das aussieht, weiß ich heute noch nicht. Wir lassen es als Familie auf uns zukommen und werden alles dafür geben.“
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