Diese Staffel könnte unter dem Begriff "grumpy old man" in den Archiven abgespeichert werden. Allerdings habe ich auch eine Lernkurve hingelegt. Alles in allem ist mein Eindruck, dass die Sprache gemäßigter ist. Das liegt allerdings auch daran, dass ich mir selber nie zuhöre.
Wie selbstkritisch sind Sie denn? Wie lange können Sie sich Fehler nicht verzeihen?
Ich glaube, dass ich zu den selbstkritischsten Menschen in unserem Gewerbe gehöre. Ich hadere sehr lange mit mir, wenn ich etwas richtig Dummes gemacht habe. Wenn ich etwas falsch gemacht habe, weil ich es nicht besser wusste, finde ich es mitunter sogar ganz gut. Wenn ich aber etwas falsch gemacht habe, obwohl ich es besser wusste und das Wissen aber nicht abrufen konnte, dann trage ich das auch schon mal eine Woche lang mit mir herum.
Zeitgleich mit der neuen Staffel bringen Sie auch ein Kochbuch zur Sendung heraus, auch mit Rezepten von österreichischen Köchen: Wie stehen Sie zur österreichischen Küche?
Ich schaue voller Neid auf die österreichische Landesküche und vor allem auf die Köche, da sie vor allem handwerklich herausragend qualifiziert sind und in den meisten Fällen einen sehr schönen, unmittelbaren Kontakt zu ihrer Region und zu ihrer Umwelt haben. Und Österreich schafft es, Moderne mit Tradition zu verbinden – das mag ich sehr. Ich wäre gerne Österreicher. (lacht)
Aus Kitchen Impossible sind Sie als sehr neugieriger Esser bekannt. Sie sind Sohn eines Delikatessenhändlers: Wie sehr hat Ihre Kindheit Ihren Gaumen geprägt?
Meine Kindheit war kulinarisch betrachtet sehr breit gefächert, da ich in einer sehr modernen Familie groß geworden bin. Schon meine Großmutter war kulinarisch-kulturellen Neuerungen gegenüber sehr aufgeschlossen, was bei mir damals allerdings nicht immer zu Begeisterungsstürmen geführt hat. Es gab nämlich eher selten Pommes und Schnitzel.
Bald jährt sich der erste Lockdown vor zwei Jahren. Die Corona-Krise hat der Gastronomie einen Schlag versetzt. Welche Gefühle haben Sie durchlebt?
Die Achterbahn der Gefühle, die wir Gastronomen durchgemacht haben, würde den Rahmen dieser Frage sprengen. Grundsätzlich wurde in mir aber vor allem ein Gefühl ausgelöst: dass ich sehr, sehr stolz bin, ein Teil dieser unfassbaren Gastronomie-Bande zu sein. Weil wir bewiesen haben, dass wir flexibel, anpassungsfähig, kreativ sowie innovativ sind und uns eigentlich keiner Herausforderung nicht gestellt haben und ja – dafür können wir uns alle mal auf die Schulter klopfen.
Wie sieht die Zukunft der Gastronomie aus?
Ich glaube, dass wir uns in den nächsten ein, zwei Generationen von vielen Traditionsgasthäusern verabschieden müssen. Weil der Beruf einem alles abverlangt wie Verzicht auf Privatleben oder Verzicht auf ein stark ausgeprägtes Sozialleben. Ich glaube, dass sich die Gastronomieszene noch breiter aufstellt, noch qualitativer und noch angenehmer für den Gast wird, es gleichzeitig aber immer schwieriger für den Wirt werden wird, sich zu differenzieren.
Wie lange möchten Sie das machen, was Sie machen? Gibt es einen unerfüllten Traum für die Zeit nach dem Pensionsantritt?
Ich mache ja ganz viele unterschiedliche Dinge parallel wie zum Beispiel meine Gastronomien, meine Cateringfirma, die TV-Formate oder auch Kochbücher. So lange es mir Freude macht, Kraft gibt und ich das Gefühl habe, eine Geschichte erzählen zu dürfen, sehe ich keinen Grund, etwas zu verändern. Allerdings würde ich mich auch freuen, ein studierter Tischler-Architekt zu sein, der mit seinen eigenen Händen Möbel macht und eine architektonische Sehenswürdigkeit im Hamburger Stadtbild präsentiert. Tischler-Architekt – gibt es den Studiengang? Wenn nicht, habe ich ihn gerade erfunden. (lacht) Sprich: Ich wäre auch gerne Tischler oder Architekt.
Buch-Tipp: Tim Mälzer, Kitchen Impossible, Verlag Mosaik, 24,70 Euro, erscheint am 21.2.
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