#couscousforcomment: Gastronomen wehren sich gegen plumpe Blogger

Symbolbild
Viele Restaurantbesitzer sind freche Influencer-Anfragen leid. Sie schlagen mit einem Hashtag zurück.

"Kein Gratis-Eis für Influencer": Mit dieser Botschaft sorgte ein US-amerikanischer Eisverkäufer kürzlich für Schlagzeilen. Joe Nicchi, Eis-Truck-Besitzer aus Los Angeles, wehrte sich damit öffentlich gegen die seiner Meinung nach unverschämte Taktik, kostenloses Eis gegen eine Auslobung im Netz zu fordern.

Nicchi ist nicht allein. Auch andere Gastronomen wollen dreiste Influencer-Anfragen nicht mehr hinnehmen.

Offensive im Netz

Duncan Welgemoed zum Beispiel. Den Koch und Mitbesitzer des Lokals Africola in der australischen Stadt Adelaide erreichte vor wenigen Monaten die E-Mail einer Teilnehmerin einer TV-Kochshow. Sie wollte gratis bei ihm dinieren – im Gegenzug für ein Posting auf ihrem Instagram-Kanal.

Anstatt sich auf den Deal einzulassen, wurde Welgemoed selbst auf dem Fotobloggingdienst aktiv. Und zwar um sich über derartige Angebote zu beschweren. "Wie wäre es, wenn Sie das Richtige tun und für Ihr Essen bezahlen würden, wie alle anderen auch? Sie erzeugen keinen Hype oder echte Dollars für das Unternehmen, über das Sie schreiben. (…) Wenn Katy Perry in meinem Restaurant für eine Mahlzeit bezahlen kann, kannst du das auch", schrieb der Gastronom, der in seinem Lokal bereits namhafte Promis bekocht hat, dort.

Dem Guardian sagte er: "Der Grund, warum ich sie bloßgestellt habe ist nicht, dass ich ein Tyrann bin, sondern weil es unaufrichtig war, eine Zusammenarbeit anzubieten. Sie hat auch keine Nachforschungen über mein Restaurant oder mich angestellt. Ich habe weit mehr echte Anhänger als viele dieser sogenannten Influencer."

Mit der Aktion wolle er auch kleinere Unternehmen ermutigen, sich gegen Blogger zu wehren.

Auch in Großbritannien regt sich Widerstand. Mick Smith, Koch im Porthminster Beach Cafe im am Meer gelegenen St. Ives, sagte dem Guardian, dass er sich von Influencern "erpresst" fühle. "Es ist so, als würden die Leute versuchen, uns zu erpressen: 'Wir wollen kostenlose Sachen, sonst schreiben wir eine schlechte Bewertung.' Das ist ein Problem."

Der Küchenchef bekommt mehrmals pro Woche Anfragen von Influencern, die um kostenloses Essen anfragen. Den Großteil lehnt er ab. Erst kürzlich habe sich eine Kundin, die ein ermäßigtes Glas Wein wollte, schlussendlich aber den vollen Preis zahlen musste, in den sozialen Medien darüber echauffiert. "Innerhalb von 30 Minuten gab es hunderte Kommentare zu dem Beitrag, viele davon waren negativ", erinnert sich Smith.

#couscousforcomment

Die Gastro-Szene wehrt sich nun kollektiv. Köche auf der ganzen Welt leiten Anfragen von Influencern an den bekannten australischen Restaurant-Kritiker John Lethlean weiter, der sie unter dem Hashtag #couscousforcomment auf Instagram veröffentlicht.

Lethlean, dessen Restaurantkritiken wöchentlich in der australischen Zeitung The Australian erscheinen, sagte dem Guardian, er tue dies nicht, um sich in der Gastrobranche beliebt zu machen. "Ich mache es hauptsächlich, weil ich so beleidigt bin, dass viele der sogenannten Influencer die Grenze zwischen redaktionellen Inhalten und kommerzieller Botschaft nicht verstehen."

In Leben gerufen wurde #couscousforcomment bereits 2016 von Tim Philips-Johansson, Mitinhaber des Lokals Bulletin Place in Sydney. Auch er wurde von einem Influencer um eine kostenlose Mahlzeit gebeten, um eine positive Bewertung zu verfassen.

Viele Marken und Unternehmen gehen Kooperationen mit Influencern ein, um ihre Produkte und Dienstleistungen zu bewerben. So werden etwa kostenlose Hotelübernachtungen oder Produkte an Blogger ausgegeben, die ihrerseits online darüber berichten.

Lukrativer Deal

Offen bleibt, ob Influencer tatsächlich neue zahlende Kunden anlocken können.

Pat Nourse, australischer Restaurantkritiker und stellvertretender Chefredakteur des Magazins Australian Gourmet Traveller, gibt im Interview mit dem Guardian zu bedenken: "Es gibt Köche und Gastronomen, die fünf oder sechs Nächte pro Woche im TV auftreten, in Zeitungen und im Radio auftauche und viele Fans im Netz haben – und ihr Restaurant dennoch nicht mal ein Jahr lang offen halten können." Ein Instagram-Posting würde daran nichts ändern, so Nourse

Allira Carroll, Geschäftsführerin von Tonic PR, die Kunden aus dem Gastgewerbe berät, bestätigt, dass Influencer mit Sorgfalt zur Vermarktung eingesetzt werden sollten.

Tatsächlich würden Influencer manchmal extra dafür bezahlt, in einem Restaurant zu essen und darüber zu berichten. In den meisten Fällen würde man sich Carroll zufolge auf ein Gegengeschäfte einigen.

Für Nourse ist das die Wurzel des Problems: "Das könnte der Grund sein, warum so viele Instagrammer versuchen, eine kostenlose Mahlzeit in einem gehobenen Restaurant zu bekommen."

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