Influencer: Bezahlte Beeinflussung
Sie ist 35, hat falsche Wimpern und verdient bis zu 33.000 Dollar für ein einziges, gesponsertes Posting: Glaubt man diversen Rankings, ist die US-Beautybloggerin und Make-up-Künstlerin Huda Kattan @hudabeauty derzeit die finanziell erfolgreichste Influencerin. Auf der Selbstinszenierungs-Plattform Instagram folgen 26 Millionen „Fans“ ihren Beiträgen über Cremes und Tiegel. Sie beeinflusst damit nicht nur das Konsumentenverhalten einer jungen Zielgruppe, sondern indirekt die gesamte Kosmetikindustrie. Superstars wie Huda Kattan, Eleonora Pons oder Zach King verdienen mit ihren Internet-Accounts längst Millionen – sind aber nur die Spitze eines rasch wachsenden, neuen Werbemarktes. Allein die 30 erfolgreichsten Influencer erreichen zusammen fast eine Viertelmilliarde Menschen.
Aber was sind eigentlich Influencer?
Influencer – das Wort wurde bereits zum Anglizismus des Jahres gewählt – üben als Meinungsmacher einen gewissen Einfluss (engl. influence) auf eine bestimmte Zielgruppe im Internet aus. Mittels eigener virtueller Tagebücher, sogenannter Blogs, auf sozialen Medien wie Instagram oder YouTube, berichten sie regelmäßig über unterschiedliche Themenfelder und treten dadurch in Dialog mit ihrer Anhängerschaft (Community). Je nachdem, wie viele Personen ihnen folgen (Follower), wird zwischen Micro- und Macro-Influencer unterschieden. Letztere kommen auf mehr als 100.000 Follower. Den Superstars im Social Web, zu denen Schauspieler und Fußballer zählen (siehe Ranking rechts) folgen Millionen von Fans weltweit. Kein klassisches Medium kann mit dieser Reichweite mithalten. Dazu kommt, dass die Smartphone-Generation ihre Kaufentscheidung anders trifft als vorige Generationen.
Die neue Werbung
Immer mehr Unternehmen setzen daher auf Influencer-Marketing. Bis 2020 erwartet Goldman-Media allein für Deutschland, Österreich und die Schweiz eine Verdoppelung des Umsatzvolumens auf knapp eine Milliarde Euro. Das jährliche Wachstum soll 20 Prozent betragen.
In Österreich, wo der Werbemarkt recht saturiert ist, ist auch das Influencer-Marketing noch recht überschaubar. Schätzungsweise 200 professionelle Influencer können von ihrer Arbeit leben. Pro Posting könnten hierzulande – je nach Reichweite – zwischen 100 und 1500 Euro verlangt werden, weiß Lifestyle-Bloggerin Viktoria Egger, die sich mit der Agentur August auf „Influencer-Relations“ spezialisiert hat. Eine Art Mindesthonorar gebe es bei den Postings nicht. „Wenn jemand nicht davon leben muss und seine Seite nur aus Spaß betreibt, macht er sicherlich einen besseren Preis.“ Egger weiß, worauf es im Business ankommt: „Ein guter Influencer trifft mit viel Emotion die Zielgruppe, ist authentisch und macht gute Inhalte, die viel Response bekommen“. Die Reichweite allein sei dabei nicht entscheidend. „Ich sehe Influencer als kleine Agenturen, die ihre Geschäftspartner auch beraten“. Wichtige Voraussetzung für den Job sei eine „sehr starke Persönlichkeit“, meint Egger. „Man muss bereit sein, den ganzen Tag online zu sein, kritikfähig und natürlich kommunikativ talentiert sein“. Sie müssten Themen gut verpacken können. Der Job sei daher nicht einfach und nicht für jeden geeignet, vor allem gibt es keine fixen Arbeitszeiten. „Das ist definitiv kein 9-to-5-Job“.
Ausbildung?
Spezielle Ausbildung dafür gibt es keine, in Deutschland werden erste Workshops angeboten. Was auffällt: In der noch jungen Szene sind Themen wie Mode, Sport und Lifestyle schon fast überrepräsentiert, ernstere Themen hingegen rar. Egger sieht im Expertenbusiness das größte Potenzial. „Besonders im B2B-Bereich herrscht Aufholbedarf. Und Experten-Blogs, etwa bei IT- Fragen , können auch bei einer älteren Zielgruppe sehr gut punkten“. Das Problem: Oft kennen sich ältere Experten mit den neuen Tools nicht aus.
Etwas kompliziert ist die Rechtslage, zumal viele „Einflüsterer“ nicht hauptberuflich tätig sind. Fix ist: Wenn mit dem Blog oder den YouTube-Videos Werbeeinnahmen lukriert werden, liegt eine selbstständige gewerbliche Tätigkeit vor. „Wenn die Geschäftsidee beginnt, wirtschaftlich abzuheben, wird sie auch für Steuer und Sozialversicherung interessant“, fasst Markus Deutsch vom Fachverband Werbung in der Wirtschaftskammer (WKO) zusammen.
Die Meistgefolgten
1. Selena Gomez 138 Mio. Follower. US-Schauspielerin und Sängerin, Produzentin
2. Cristiano Ronaldo 133 Mio. Follower. Portugiesischer Fußballer
3. Beyoncé Knowles 115 Mio. Follower. US-Popsängerin
4. Kim Kardashian 113 Mio. Follower. US-Model
5. Kylie Jenner 110 Mio. Follower. US-Social-Media-Star
6. Dwayne Johnson 109 Mio. Follower. US-kanadischer Schauspieler und Wrestler
7. Neymar da Silva 101 Mio. Follower. Brasilianischer Fußballer
8. Justin Bieber 100 Mio. Follower. US-Popsänger
9. Lionel Messi 95 Mio. Follower. Argentinischer Fußballer
10. Kendall Jenner 92 Mio. Follower. US-Model
Quelle: Hopper HQ
Drei Influencer geben Einblick in ihr Business
Hinter dem kulinarischen Online-Magazin CookingCatrin, das zu den populärsten „Blogazines“ im deutschsprachigen Raum zählt, steht die Salzburgerin Catrin Neumayer.
KURIER: Wie sind Sie Influencer geworden?
Catrin Neumayer: Durch Zufall! 2014, als ich mit meinem Sohn schwanger wurde habe ich den Blog cookingCatrin.at ins Leben gerufen, um in der Karenz meinem Hobby Kochen und Backen nachzugehen. Dann hat sich alles überschlagen, im Herbst 2014 haben wir die erste internationale Auszeichnung bekommen. Ab 2015 wurde daraus eine Firma, 2016 haben wir das erste Buch veröffentlicht und unser Klagenfurter Kochstudio „Die Kuchl“ gebaut. Wir hatten (zum Glück) schnell viele Fans. Tägliche neue Rezepte oder Blogposts motivieren die Leute immer wieder, bei uns vorbeizuschauen.
Seit wann können Sie davon leben?
Der Übergang war fließend. Ich war einer der Earlybirds, damals wusste noch niemand, was ein Blogger ist. Seit 2015 bin ich selbstständig, seit 2016 habe ich eine kleine aber feine Redaktion mit zwei Mitarbeitern. Wichtiger Teil des Blogs ist auch mein Lebensgefährte Carletto, der als Profi-Fotograf die Bilder des Blogs macht. Gemeinsam betreiben wir CookingCatrin.at und neue Portale wie steaksandstories.at. Wir sind eine Agentur für Content Creation (Rezepte, Texte, bebilderte Reiseberichte) und veranstalten Workshops.
Schildern Sie kurz ihren Tagesablauf?
Einen klassischen Tagesablauf gibt es nicht, jeder Tag ist anders. Wir arbeiten zwischen Büro, Koch- und Fotostudio, Kundenmeetings, sind viel unterwegs. Dieser Job ist unglaublich abwechslungsreich und niemals langweilig.
Wie sehen Ihre nächsten Pläne und Ziele aus?
Gerade ist unser zweites Kochbuch „KochGenuss“ erschienen. Aktuell haben wir einen neuen Schritt gewagt und produzieren zweimal jährlich das geprintete Foodmagazin „Köstlich“. Im Kochmagazin werden neue Rezepte, Reisen und köstliche Themen präsentiert. Mir ist es wichtig, mich immer neuzuerfinden und einen Schritt weiterzugehen. Mit diesen 2018 umgesetzten Projekten konnten Print- und Onlinewelt besser miteinander verbunden werden.
Wie, glauben Sie, entwickelt sich die Influencer-Branche weiter?
Influencer-Marketing ist heute fester Bestandteil des Marketingmix. Mit modernen, neuen Formaten werden Inhalte noch interaktiver und Kanäle verbunden. Mir ist die Kombination klassischer Medien mit der interaktiven Welt sehr wichtig. Sie sorgt für ein breiteres Publikum und bietet unseren Kunden Auswahlmöglichkeiten.
-Talia Illetschko
Michael Buchinger
Sein YouTube-Kanal “Michael Buchinger“ zählt zu den populärsten Österreichs. Der gebürtige Burgenländer dreht Videos, in denen er Anekdoten aus seinem Leben erzählt, postet auf Instagram, schreibt Blogs, Kolumnen, Bücher und ist Kabarettist. Besonders beliebt: „Michaels Hass Liste“.
KURIER: Wie sind Sie Influencer geworden?
Michael Buchinger: Als ich 16 war, hat mir meine Schulkameradin Nadine vorgeschlagen, ich solle doch YouTube-Videos machen. Sie mochte meinen Humor und meinte, ich müsse ihn mit der Welt teilen. Weil ich selbst schon mit der Idee gespielt hatte, habe ich Nadines Rat sofort befolgt. Vielleicht sollte ich ihr als Dank einen Geschenkkorb zukommen lassen - es war tatsächlich ein ziemlich guter Ratschlag!
Seit wann sind Sie Influencer und können Sie davon leben?
Mit YouTube habe ich 2009 angefangen, seit 2016 bin ich hauptberuflicher Influencer. Zu diesem Zeitpunkt war ich gerade mit der Uni fertig. Ich habe zwar durchaus gerne studiert, aber hatte gegen Ende immer das Gefühl, dass mir mein Studium zu viel Zeit raubt. Ich habe gleichzeitig meine Abschlussarbeit und mein erstes Buch geschrieben.
Schildern Sie kurz Ihren Tagesablauf?
Ich wache gegen sieben auf, beantworte ab acht erste eMails oder habe Termine mit Firmen, die mit mir kooperieren wollen. Später, wenn ich ein bisschen unter Menschen gekommen bin und in Redelaune bin, fange ich an, Inhalte zu erzeugen: YouTube-Videos, Instagram-Posts oder vielleicht eine Podcast-Folge. Um ehrlich zu sein, nimmt Filmen oder Bilder machen gar nicht so viel Zeit ein wie die langweiligen Dinge, die niemand sieht: Meetings, eMails und Videoschnitt. Ich versuche, mich an halbwegs normale Arbeitszeiten zu halten.
Wie sehen Ihre nächsten Pläne und Ziele aus?
Ich habe den Eindruck, dass ich mir bereits eine Zielgruppe aufgebaut habe. Ich versuche gar nicht zwingend, neue Follower zu gewinnen, sondern meine bestehende Zielgruppe zu unterhalten. Etwa mit meinem zweiten Buch, das im November kommt, oder den Kabarett-Auftritten, die ich dieser Tage in Österreich und Deutschland gebe. Es wäre ideal, beide Aspekte meiner Tätigkeit ausbauen zu können - ich möchte mindestens so viele Bücher schreiben wie Thomas Brezina.
Wie glauben Sie, entwickelt sich die Influencer-Branche?
Ich habe den Eindruck, dass Follower immer selektiver mit den Inhalten werden, die sie konsumieren. Es gibt mittlerweile zu viele Influencer, die Content liefern. Ich denke, dass demnächst eine Erschöpfung eintreten wird und Leute nur noch fünf statt 200 Influencern folgen. Ich hoffe, ich bin einer der fünf.
-Talia Illetschko
Vicky Heiler
Die Wahl-Wienerin betreibt mit „Bikinis&Passports“ und „TheDailyDose“ gleich zwei erfolgreiche Blogs.
KURIER: Wie sind Sie Influencer geworden?
Vicky Heiler: Ich habe als Hobby neben dem Studium angefangen zu bloggen und damit eine Art Reise-Tagebuch für Freunde und Familie, die überall auf der Welt verteilt sind, ins Leben gerufen. Der Name „Bikinis & Passports“ vereint zwei große Leidenschaften von mir: Mode und Reisen. Da der Blog der Ursprung meiner Online-Präsenz und nach wie vor auch der wichtigste Bestandteil für mich persönlich ist, würde ich mich selbst nicht als Influencerin, sondern als Bloggerin bezeichnen.
Seit wann bloggen Sie und können Sie davon leben?
Gestartet hat alles im Februar 2010 als persönliches Outlet – noch bevor es Instagram und Co. gab. Nach meinem Publizistik-Studium habe ich bis 2014 im Bereich Digital Marketing für ein deutsches Modeunternehmen gearbeitet. Seit Juli 2014 bin ich selbstständig und kann von dem Blog, meinen Tätigkeiten als Speakerin, der Social Media Beratung und The Daily Dose (www.lovedailydose.com) leben.
Schildern Sie kurz ihren Tagesablauf?
Großer Bestandteil meines Berufs sind Reisen und Events. Viele PR-Agenturen sind in Deutschland – dort bin ich am häufigsten unterwegs. Wenn ich in Wien bin, klingelt der Wecker meistens um sieben Uhr. Zuerst stehen eMails auf der Agenda, dann beschäftige ich mich mit der Content Creation (auf The Daily Dose erscheint jeden Tag um 9.30 Uhr ein neuer Artikel, auf meinem Blog etwa drei bis vier Mal pro Woche). Am Nachmittag folgen Kundentermine oder Presseevents, bevor es am Abend wieder an die Inbox geht, um Anfragen zu beantworten, Konzepte zu erstellen, Angebote zu versenden oder Reisen zu planen.
Wie sehen Ihre nächsten Pläne und Ziele aus?
In nächster Zeit würde ich gerne etwas weniger reisen und mehr an lokalen Projekten in Wien arbeiten. Wien ist seit zehn Jahren meine Wahlheimat und für mich die schönste Stadt der Welt. Ansonsten möchten wir für „The Daily Dose“ unser Redaktionsteam ein wenig erweitern.
Wie entwickelt sich die Influencer-Branche weiter?
Im letzten Jahr hat man einen Trend in Richtung Micro-Influencer gesehen, da kleinere Accounts oft eine viel treuere Leserschaft und interaktivere Community mit sich bringen. Ich denke, hoffe und wünsche mir, dass Firmen mehr Energie in die Recherche der passenden Ambassadors (Botschafters) stecken. Und dass (Follower-) Zahlen nicht das Nonplusultra sind, sondern man Personen sucht, die ein perfektes Match für Marke oder Produkt sind.
-Talia Illetschko
Tipps: Was Influencer beachten müssen
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, verbotene Schleichwerbung sorgt besonders in Deutschland für Abmahnwellen gegen Influencer. Die Grenzen zwischen freier Meinungsäußerung und Gesetzesverstoß sind fließend. Folgendes sollte beachtet werden:
Gewerbeberechtigung
Wenn der Online-Auftritt rein privat und nicht-kommerziell ist, brauchen Influencer keine Gewerbeberechtigung (Grundrecht auf Meinungsfreiheit). Sobald aber mit den Blogs oder Videos Werbeeinnahmen lukriert werden, liegt eine selbstständige gewerbliche Tätigkeit vor. Die Wirtschaftskammer empfiehlt dafür den Gewerbeschein für eine Werbeagentur oder ein Ankündigungsunternehmen zu lösen.
Anzeigepflicht
Wer nicht nur privat, sondern regelmäßig auch kommerzielle Videos produziert und auf YouTube veröffentlicht, unterliegt einer Meldepflicht bei der Medienbehörde KommAustria. Diese verschickte Anfang September eigene Informationsschreiben.
Gewerbliche YouTuber unterliegen denselben Vorschriften wie Rundfunkunternehmen, müssen sich also etwa an Werbeverbote für Zigaretten oder Diskriminierungsverbote halten. Nähere Infos unter www.rtr.at.
Kennzeichnungspflicht
Bezahlte Beiträge müssen mit „Werbung“ oder „Anzeige“ gekennzeichnet werden. Der Hashtag #ad unter einem Beitrag reicht nicht aus, sofern er nur einer von vielen verwendeten Hashtags ist. Laut Mediengesetz drohen bei einer Nicht-Kennzeichnung Strafen von bis zu 20.000 Euro. Abmahnungen, Bußgelder und Unterlassungserklärungen betreffen die Influencer selbst, aber auch die beworbenen Unternehmen kämpfen mit Image-Problemen, sollte Schleichwerbung auffliegen.
Rechtlich schwieriger zu beurteilen sind bloße Bewertungen nach Einladungen zu Produktvorstellungen oder Reisen.
In Deutschland haben die Werbeverbände soeben eine eigene Richtlinie zu PR in digitalen Medien und Netzwerken herausgebracht. Die Richtlinien sollen zu mehr Transparenz in der Branche führen. Auch in Österreich gibt es bereits eine Richtlinie für mehr Transparenz in der PR- und Influencer-Branche. Der Der Online-Kodex ist auch als Teil der Mitglieder-Statuten des PRVA (Public Relations Verband Austria) ratizifiert. Nähere Infos siehe hier
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